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| - Der Begriff Igelstation ist für die meisten Menschen mit dem Gedanken verbunden: Wenn ich einen Igel gefunden habe, dann bring ich ihn dahin! Leider geht die Überlegung selten weiter, denn man vemutet mit Selbstverständlichkeit eine Institution dahinter, auf deren Leistung man einen Anspruch hat und einen Finanzier , z. B. einen Verein oder Verband dahinter. Leider sieht die Wirklichkeit so anders aus. In der Regel sind Igelstationen in privater Initiative entstanden und je nach Engagement, Hintergrund und Belastbarkeit, sowie Raumangebot werden sie privat betrieben. Der Begriff ist nicht rechtlich geschützt und sagt nichts über die Qualifikation der Betreiber und die Qualität der Igelhilfe aus. Igel sind Wildtiere... ...sie gehören nicht dem Finder und nicht der Station. Prämisse der Hilfsarbeit ist, das gesund gepflegte Wildtier Igel wieder möglichst am Fundort auszuwildern, wenn Nahrungs- und Deckungsgrundlage wieder gewährleistet sind. Das kann Wochen und Monate dauern, je nach Jahreszeit und Gesundheitszustand des Tieres beim Fund. Wird ein Fundigel - meist telefonisch - gemeldet, wird eine Zeit vereinbart, mit ihm in die Station zu kommen. (Meist und möglichst sofort, da Igel oft voller Parasiten sind, oder ihr Zustand kein Zuwarten zuläßt). Der Igel wird zunächst einmal grob in Augenschein genommen. Er wird von der Fahrt her verstört sein und wenn er nicht schon sterbend ist, auch eingerollt kommen und es eine Weile bleiben. Der Igel wird gewogen, evtl. von seinen Parasiten befreit (eingesprüht). Manchmal muß eine Notversorgung vorgenommen werden, z. B. durch Elektrolytgabe. Es wird eine Dokumentation angelegt, die enthält:
* Eingangsnummer und -datum,
* Findername, Adresse, Telefon,
* Fundort, Zeit und Umstände des Fundes.
* Ist der Igel schon beim Tierarzt gewesen?
* (Maßnahmen, welcher Tierarzt, Telefonnummer des Tierarztes)
* Hat er Futter bekommen, wenn ja: welches und hat er gefressen?
* Gewicht, Aussehen, Maßnahmen etc... ... oder im Krankenhaus für Menschen auch, damit der nachbehandelnde Tierarzt sich ein Bild verschaffen und darauf aufbauen kann. Diese Laufkarte bleibt ständig mit dem Tier zusammen und wird weitergeführt: Verhalten, Futteraufnahme, Gewicht, Medikation etc. werden täglich eingetragen. Danach sollte das Tier zur Ruhe kommen, es bekommt ein Einzelgehege, mit Zeitungen ausgelegt, ein Schlafhaus, in das es sich zurückziehen kann, es bekommt Wasser und Futter angeboten. Der Igel wird beobachtet. Wie sieht er aus?
* mager, lang oder tropfenförmig?
* Hat er Verletzungen?
* Wie sehen seine Augen aus?
* halbkugelförmige Knöpfchen?
* schlitzförmig?
* evtl. ganz geschlossen beim sehr kranken Tier?
* Wie sieht die Nase, sehen die Ohren aus?
* Feuchte Nase, reine Ohren
* oder trockene Nase, verletzte , evtl. eitrige oder von Parasiten befallene Ohren?
* Wie verhält sich das Tier?
* Rollt es schnell wieder aus, bleibt liegen, oder kriecht mühsam und langsam in Deckung oder bleibt es gar offen liegen?
* Verschmäht es Futter und Wasser?
* Oder wartet es ab, bis die Luft rein ist , rollt aus und verschwindet schnell in der Deckung, nimmt evtl sofort Futter u. Wasser an? Dann ist wichtig: wie sieht die Hinterlassenschaft aus? Kot wird 3 Tage gesammelt und die Probe zur Untersuchung gebracht. Oft kann mit der Behandlung keine 3-5 Tage zugewartet werden, weil der Igel bis dahin gestorben ist. Je nach Zustand des Tieres muß die Behandlung durch den Tierarzt schnellstens erfolgen oder Kontakt mit ihm aufgenommen und nach seiner Anweisung behandelt werden (erfahrene Igelpfleger, die das Vertrauen eines oder mehrerer Tierärzte haben, können Einiges selbst machen, um dem Tier einen weiteren Transport zu ersparen). In der Regel leiden die Tiere an starker Verwurmung und davon ausgehend an Infektionen, oder sie haben Verletzungen, die behandelt werden müssen durch Bäder, Antibiotika, lokale Wundbehandlung etc. Da Igel erdnah leben, sind diese Verletzungen häufig infiziert - eitrig und evtl. auch von Maden besiedelt. So können die gebrachten Tiere sehr unterschiedlich pflegeintensiv sein. Frißt der Igel nicht selbst, muß er zwangsernährt werden. Besonders wenn Igelbabys kommen, die noch sehr klein sind, ist am Tag und in der Nacht alle 2 Stunden Ernähren und Toiletting und Reinigung angesagt. (Igelpfleger müssen wissen, welche Nahrung wie häufig in welcher Menge verabreicht und vom Tier vertragen wird.) Das ist wirklich Sache für Spezialisten. Nur so haben die Winzlinge eine Chance, in den Kreislauf der Natur als ganz normale Igel eingegliedert werden zu können. Die Arbeit in einer Igestation ist also arbeitsintensiv, kostenintensiv und wird in der Regel vom Betreiber ehrenamtlich geleistet und aus seiner Börse bezahlt, wenn nicht einsichtige Igelfinder einen freiwilligen Beitrag leisten. Jede Igelstation hat nur eine beschränkte Aufnahmekapazität. Es rücken gerade in der Herbstzeit täglich mehrere kranke oder verletzte Tiere nach. So ist die wie ein Krankenhaus funktionierende Igelstation darauf angewiesen, daß die Igelfinder die gesund gepflegten Tiere nach Anweisung und Beratung selbst durch den Winter bringen. Natürlich wird das nicht immer möglich sein, dafür hat man auch Verständis. So arbeiten die Igelstationen auch mit Pflegestellen. Leider stehen auch die nicht unbeschränkt zur Verfügung. Wer ein Tier aufnimmt, übernimmt Verantwortung. Die kann man nicht immer mit Selbstverständlichkeit Anderen aufs Auge drücken. Leider baut sich auch viel Frust auf, wenn Tierfinder nur fordernd und uneinsichtig sind. Man ist Einiges von Menschen gewohnt, wenn man länger mit Tierschutz zu tun hat, nur irgendwann wird die Belastung für den Helfer und seine Angehörigen nicht mehr verkraftbar. So schließen Igelstationen wegen des permanenten Präsenzanspruches und ständiger Überforderung besonders in den Herbst- und Wintermonaten oft nach kurzer Zeit wieder. Wenn jeder von uns sorgfältiger im Verkehr wäre, zurückhaltender mit der Giftspritze, wenn wir durchlässigere Gärten mit heimischen Pflanzen und damit eine große Bandbreite an heimischen Insekten hätten, wären nicht so viele Igel notleidend und krank und müßten in eine Station kommen. Wenn Finder sich besser informieren würden und ein wenig Bereitschaft mitbringen würden, das Engagement von Sachkundigen durch eigenes Engagement zu unterstützen, statt die wenigen engagierten Menschen kontinuierlich mit Selbstverständlichkeit so überzustrapazieren - wie gut ginge es uns und den Tieren. K. Oehl Zurück zur Hauptseite - letzte Änderungen -
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