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| - Die Wut kam immer erst viel später. Die Wut auf den Schwarm, ihn als Köder genutzt zu haben. Die Wut auf Sa’at, der aber auch gar nichts hatte durchblicken lassen, keine Warnung, keine Andeutung, nichts. Die Wut auf die Ausrede, jemand von „da oben“ habe beschlossen, der Drache müsse ihn begleiten, obwohl allen klar war, das es gegen einen Freien Endlichen ging – allen, außer ihm. Die Wut auf die Seelenruhe, mit der Sa’at seine Flüche eingesteckt hatte, nur weil er wusste, was passieren würde. Und die allerschlimmste Wut: Die auf sich selbst, weil er es mal wieder nicht früher begriffen hatte, in der Routine verschlampt war, nachlässig wurde, weil ihm alles Mögliche durch den Kopf ging. So befördern sie Dich nie.Wurde er dann doch alt?Man verlor ja ein wenig den Überblick. Sicher, der Schw
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abstract
| - Die Wut kam immer erst viel später. Die Wut auf den Schwarm, ihn als Köder genutzt zu haben. Die Wut auf Sa’at, der aber auch gar nichts hatte durchblicken lassen, keine Warnung, keine Andeutung, nichts. Die Wut auf die Ausrede, jemand von „da oben“ habe beschlossen, der Drache müsse ihn begleiten, obwohl allen klar war, das es gegen einen Freien Endlichen ging – allen, außer ihm. Die Wut auf die Seelenruhe, mit der Sa’at seine Flüche eingesteckt hatte, nur weil er wusste, was passieren würde. Und die allerschlimmste Wut: Die auf sich selbst, weil er es mal wieder nicht früher begriffen hatte, in der Routine verschlampt war, nachlässig wurde, weil ihm alles Mögliche durch den Kopf ging. So befördern sie Dich nie.Wurde er dann doch alt?Man verlor ja ein wenig den Überblick. Sicher, der Schwarm achtete peinlich darauf, dass man seine eigene Relativzeit im Blick behielt. Sogar Geburtstagsglückwünsche bekam man, und ab und zu etwas Urlaub in der eigenen Heimatzeit. Die wenigen Menschen im Schwarm sollten wissen, wie alt sie waren, und sich entsprechend verhalten. Aber für eine Art Wesen wie die Bronzedrachen, die praktisch seit sie denken konnten zwischen den Zeiten lebten und in allen Zeiten arbeiteten war das ein... optimistisches Vorhaben. Das ganze Konzept war ihnen fremd. Als würde man für ein Adelshaus voller Blinder arbeiten, die einem jedes Jahr „schöne Bilder“ schenken wollen.Natürlich hatte er die Jahre gezählt. Natürlich hatte er die Zeichen gesehen, hatte sein ergrauendes Haar im Spiegel erblickt, das Reißen in den Knochen gespürt. Und obwohl der Schwarm ihm mehr Lebenszeit schenkte (als Teil der Bezahlung, profanerweise) hatte er gespürt, wie sich die Last der verstrichenen Zeit auf ihm auftürmte, seine Schultern senkte und seinen Rücken beugte.Ruhestand wurde eine ernsthaft zu erwägende Option.Er hatte sich bisher immer gehütet, Pläne für „nachher“ zu machen. Die Auseinandersetzung um den korrekten Ablauf der Zeit war ein Krieg, und er wusste, was mit denen geschah, die davon sprachen, was sie „nach dem Krieg“ machen wollten. Aber vielleicht war das jetzt der Punkt, an dem er einfach zugeben musste, überfordert zu sein. Die Sache mit Karun setzte ihm zu. Er war verkehrt, aber er konnte nicht sagen wieso, und er hatte sich von Litonja ausreden lassen, ihn einfach sicherheitshalber zu löschen. Verdammt, er hatte Leute wegen einer Verschiebung der Möglichkeitspalette auf fünf Jahre Absolutzeit entfernt. Warum nicht dieses Monster? Was war an seiner Linie falsch? Es muß am Grundwasser in Westfall liegen. Wer da lebt, schleudert offenbar standardmäßig aus der Zeitlinie raus. Die haben alle einen Schlag schräg, und je mehr sie zu sagen haben, desto schräger. Er schüttelte den Kopf und seufzte.Vielleicht war es das Alter. Vielleicht war es die Wut. Vielleicht war es der sorgenvoll gesenkte Kopf. Vielleicht war es auch alles zusammen, was ihn die rubinrote Welle übersehen ließ, die am Anfang seiner Linie ausbrach, die Jahrzehnte seines Lebens entlangeilte und die Splitter geänderter Pläne und revidierter Entscheidungen hinter sich ließ, auf dem Weg, sein Hier und Jetzt zu zerstören.
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