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| - Renate Köcher, Chefin des Allensbacher Instituts für Demoskopie, brachte auf den Mainzer Medientagen die aktuelle Mediensituation auf den Punkt: „Ich bin mir nicht sicher, dass das alte Gesetz noch gilt, dass neue Medien alte nicht verdrängen.“ Die harte Empirie stützt die Vermutung, dass es allmählich zu einem Paradigmenwechsel in der Medienlandschaft kommt. So sinkt seit 1998 die Reichweite der deutschen Tageszeitungen kontinuierlich – besonders in den jüngeren Zielgruppen. Die aktuelle Online-Studie von ARD und ZDF belegt darüber hinaus klar, dass sich bei der Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen das Mediennutzungsverhalten weg von Printmedien hin zu Web 2.0-Diensten verschiebt.
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| - Renate Köcher, Chefin des Allensbacher Instituts für Demoskopie, brachte auf den Mainzer Medientagen die aktuelle Mediensituation auf den Punkt: „Ich bin mir nicht sicher, dass das alte Gesetz noch gilt, dass neue Medien alte nicht verdrängen.“ Die harte Empirie stützt die Vermutung, dass es allmählich zu einem Paradigmenwechsel in der Medienlandschaft kommt. So sinkt seit 1998 die Reichweite der deutschen Tageszeitungen kontinuierlich – besonders in den jüngeren Zielgruppen. Die aktuelle Online-Studie von ARD und ZDF belegt darüber hinaus klar, dass sich bei der Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen das Mediennutzungsverhalten weg von Printmedien hin zu Web 2.0-Diensten verschiebt. Dort sind klassische Printprodukte ziemlich out, MySpace, Facebook und Flickr hingegen absolut in – und das dauerhaft. Das hat deutliche Auswirkungen auf die Kommunikation von Unternehmen. So sehen laut European Communication Monitor 2008 (www.communicationmonitor.eu/) die Kommunikationsverantwortlichen in europäischen Unternehmen die künftige Bedeutung der Online-Pressearbeit sowie die Kommunikation via Online-Medien deutlich vor der klassischen Pressearbeit mittels Printmedien, TV und Radio. Nach Ansicht von Ausschnitt Medienbeobachtung hat diese Bedeutungsverschiebung wesentlichen Einfluss auf die Evaluation von PR. Auf einem Jour Roulant der DPRG Berlin-Brandenburg informierte der Berliner Mediendienstleister über die Evaluationsmöglichkeiten veröffentlichter Meinung in Social Media und klassischen Medien. Dabei stehen nach Ansicht von Ingrid Moorkens, Leiterin Medienanalyse beim Ausschnitt, sowohl die Kommunikationsverantwortlichen als auch die Evaluationsexperten der Ausschnittsdienste vor der großen Herausforderung, „völlig unterschiedliche Social Media Arten wie Blogs und Communities zu systematisieren, genaue Messpunkte und Messebenen für Social Media zu entwickeln und verbindliche Konventionen über die Gültigkeit dieser Messpunkte zu definieren.“ Erste funktionierende Ansätze gibt es bereits, wie das Beispiel Blogs zeigt. So bewertet Ausschnitt - wie in der klassischen Medienresonanzanalyse auch - zunächst einmal die Relevanz der Quelle. Wie wichtig ist der Blog? Wie hoch ist seine Bekanntheit? Besitzt er eine Multiplikator-Stellung? Wie oft werden dort Beiträge publiziert? Wie groß ist das Inhaltsspektrum des Blogs und die Aktivität der Nutzer? Nach diesen Kategorien werden rund 200.000 deutschsprachige Blogs je nach Wichtigkeit in 200 meinungsstarke A-Blogs, 800 B-Blogs mit ebenfalls hoher Bedeutung und über 190.000 C-Blogs unterschieden, die hauptsächlich als private Meinungs- und Infobörsen im Netz unterwegs sind. Gemeinsam mit den Unternehmen wird dann definiert, welche Blogs für das eigene Unternehmen wichtig sind und besonders beobachtet werden müssen. Dabei kommt es darauf an, die Netzwerkstruktur der Blogs untereinander genau zu beobachten: Wie sind die Blogs miteinander verbunden? Wie stark ist der Austausch der Blogs untereinander? Wenn die wichtigen Beobachtungspunkte fixiert sind, kann die Beobachtung starten. Am Beispiel von Bionade zeigt sich, dass sich die jüngste Online-Kritik an der Trendmarke im Zuge von Preiserhöhungen, internationalen Expansionsvorhaben sowie einer nicht ganz unumstrittenen Werbekampagne zu 45 Prozent in meinungsstarken A- und B-Blogs wie Pottblog, Best-Practice-Business oder Basic Thinking wiedergefunden hat. Besonders schmerzhaft für Bionade: Die Kritik kam im wesentlichen aus der Ursprungszielgruppe der LOHAS und richtete direkt an den Kern der Marke, an die Produktbeschaffenheit und das Unternehmen selbst. Bionade reagierte zwar mit eigenen Statements und Pressemitteilungen, die Argumente des Unternehmens wurden jedoch von der sensibilisierten Zielgruppe in den Blogs nicht aufgenommen. Gleichzeitig hatte Bionade Glück: Die Anzahl der kritischen Beiträge selbst war relativ gering. Trotzdem muss Bionade damit leben, dass die Beiträge jetzt dauerhaft und für jeden einsehbar wie eine Brandmarke im Netz stehen. Nach wie vor hat die Social-Media-Evaluation mit einem Grundproblem zu kämpfen: So gibt es bei Blogs in der Regel keine genauen Zugriffszahlen, um wirklich den Wert der Beiträge und den Verbreitungsgrad zu messen. Jedoch muss man sich mittelfristig von der klassischen Fixierung auf Reichweiten verabschieden, da Meinungsbildungsprozesse im Internet anders funktionieren und mit dem einseitigen Blick auf Reichweiten die Chancen von Social Media schnell übersehen werden. Die Unternehmen sollten vielmehr systematisches Blog-Monitoring nutzen, um kontinuierlich das eigene Unternehmens- und Kommunikationsverhalten, zu überprüfen und fehlerhafte Produkte zu optimieren. Die wichtigen Informationen dazu finden sich zunehmend um Netz, denn auch fachkundige Journalisten, Mitarbeiter und Branchenexperten bloggen und berichten über Kauferfahrungen. Da Unternehmen immer stärker das „Ohr am Kunden“ haben müssen, brauchen sie wirksame Tools, um die wirklich wichtigen Informationen zu erfassen. Zunehmend wächst beispielsweise bei Unternehmen aus dem Nahrungsmittelbereich der Bedarf, am Grundrauschen im Netz zu partizipieren und eventuelle Stimmungsschwankungen oder Krisenpotenziale frühzeitig zu erkennen. Um diesen gestiegenen Bedarf nach einem systematischen Online-Issues-Monitoring Rechnung zu tragen, will Ausschnitt ab April 2009 auch Twitter in die Medienbeobachtung integrieren. Über die genauen Kosten für ihre Dienstleistungen wollte Ausschnitt keine Angaben machen, denn es hängt immer von der individuellen Aufgabenstellung ab, was am Ende als Evaluationsergebnis rauskommt. Und es bleibt als Trost: Nicht alles, was im Netz „gezwitschert“ wird, ist wichtig genug, um es auch zu evaluieren.
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