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| - Peenemünde war von 1936 bis 1945 Heeresversuchsanstalt und von 1938-1945 auch Erprobungsstelle der deutschen Luftwaffe; von 1945 bis 1952 sowjetischer Marine- und Luftwaffenstützpunkt. Weltweit bekannt wurde Peenemünde durch den Raketenstartplatz im Zweiten Weltkrieg, als hier die Modelle V1 und V2 getestet wurden. Hier testete man unter Leitung von Walter Dornberger und Wernher von Braun die neusten Entwicklungen. Abteilungsleiter für Steuerung und Lenkung war Helmut Gröttrup. Die wichtigste Abschussrampe für V2-(A4) Raketen war der Prüfstand VII. Von Peenemünde aus erfolgten nur Versuchsstarts. in Einsatz gegen feindliche Ziele der Flugbombe V1 (Fi-103) und der ballistischen Rakete V2 (Aggregat 4) war aus reichweitentechnischen Gründen von Peenemünde aus nicht möglich. Am nordwestlichen Ende des Flugplatzes sind noch einige Überreste von Startstellen für die Flugbombe V1 erhalten. Sie können im Rahmen von Busrundfahrten, die auf dem Flugplatz stattfinden, besucht werden. Ebenfalls in Betrieb ist noch die Eisenbahn Zinnowitz—Peenemünde, die einst den Beschäftigten der Heeresversuchsanstalt als Verkehrsmittel diente. Allerdings wird sie heute nicht mehr, wie von 1943 bis zum 21. April 1946, elektrisch mit Gleichstrom von 1200 Volt und Oberleitung betrieben. Die Wagen gelangten als Peenemünder Schnellbahnzüge zur Berliner S-Bahn und wurden bis 1952 in die bestehenden Baureihen integriert. Noch heute erkennt man die einstigen Bahnsteige der Werkbahn. Sie sind in Form von Betonmauern aus Fertigelementen neben der Bahnlinie erhalten, die zum Teil abgekippt werden mussten, um modernen Zügen die Durchfahrt zu gestatten. Bis zu Beginn der 90er Jahre war auch noch das Anschlussgleis des Flugplatzes für Schienenfahrzeuge befahrbar. Heute allerdings ist die Anschlussweiche ausgebaut. Am Ortseingang von Peenemünde befindet sich die Ruine des Sauerstoffwerkes. In dieser Anlage wurde der als Oxidator für die A4 benötigte Flüssigsauerstoff durch Luftverflüssigung gewonnen. Vom Prüfstand VII, dessen Areal noch heute nicht für die Öffentlichkeit zugänglich ist, ist nur noch die Umwallung, die Betonplatte auf der die Startversuche stattfanden, und der Abgaskanal für statische Brennversuche, in dem sich heute ein Teich befindet, vorhanden. Peenemünde war nicht der einzige Ort in Deutschland, von dem aus größere Raketen gestartet wurden. Auch im Wattengebiet von Cuxhaven (u.a. Operation Backfire) und auf dem ehemaligen NVA-Übungsplatz auf der Halbinsel Zingst wurden Raketen gestartet. Bis 1990 war der gesamte nördliche Bereich der Insel Usedom bis hinunter nach Karlshagen Sperrgebiet der Nationalen Volksarmee (NVA), die dort einen wichtigen militärischen Flugplatz betrieben hat. Zwischen Peenemünde und Karlshagen überquert eine zweikreisige 110kV-Drehstrom-Freileitung die Peene, deren 75 Meter hohe Masten sehr weit sichtbar sind. Diese Leitung wurde zu Beginn der 50er Jahre gebaut, um den im Wärmekraftwerk Peenemünde erzeugten Strom, der nach Auflösung der Heeresversuchsanstalt zum größten Teil nicht mehr auf Usedom gebraucht wurde, effektiv zum Festland abzuführen. Später wurde von dieser Leitung eine Stichleitung zum Umspannwerk Karlshagen errichtet. Nachdem das Kraftwerk Peenemünde 1990 stillgelegt wurde, wurde die 110-kV-Freileitung vom Abzweig der Stichleitung nach Karlshagen zum Kraftwerk Peenemünde abgebaut, so dass die über die Peene führende 110-kV-Drehstromleitung nur noch das Umspannwerk Karlshagen speist. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands erfolgte 1993 die Auflösung des Truppenstandortes. Auf dem Gelände des Kraftwerks befindet sich heute ein Museum. Das Museum ist Ankerpunkt der Europäischen Route der Industriekultur (ERIH).
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