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  • The Scar Queen
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  • „Ach, deine Ästhetik ist wahrlich atemberaubend, da fallen einem keine Worte mehr zu ein. Wie würde es dir gefallen, mit mir zusammen zu verschwinden, weit weg, sich irgendwo niederzulassen und das Leben schweifen lassen, wie wir es nie zuvor getan haben? Nicht in den Urlaub zu fahren, nein, dies wäre zu sehr von einer Frist belastet, die uns all die Zeit über das Gefühl gibt, bald in den grauen Alltag zurückzukehren, in den Streit, den wir schon viel zu oft einander als elende Form von Leid zugefügt haben. Stell es dir doch vor, mein Engel! Alle Träume werden erfüllt sein, wir werden traumlos schweben, in einer Ewigkeit! Stimme mir zu bitte, du musst es tun!“
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  • „Ach, deine Ästhetik ist wahrlich atemberaubend, da fallen einem keine Worte mehr zu ein. Wie würde es dir gefallen, mit mir zusammen zu verschwinden, weit weg, sich irgendwo niederzulassen und das Leben schweifen lassen, wie wir es nie zuvor getan haben? Nicht in den Urlaub zu fahren, nein, dies wäre zu sehr von einer Frist belastet, die uns all die Zeit über das Gefühl gibt, bald in den grauen Alltag zurückzukehren, in den Streit, den wir schon viel zu oft einander als elende Form von Leid zugefügt haben. Stell es dir doch vor, mein Engel! Alle Träume werden erfüllt sein, wir werden traumlos schweben, in einer Ewigkeit! Stimme mir zu bitte, du musst es tun!“ „Bitte... das können wir nicht einfach tun, wir können das alles nicht zurücklassen“, wieder dieser Blick, als würde sie befürchten, dass ich in Kürze in Rage verfalle. Bin ich so angsteinflößend? Keinesfalls, es ist doch nur Liebe. Reagieren tatsächlich so viele Personen derart panisch, wenn es sich um Liebe handelt? Ist sie so furchterregend? „Was soll das denn heißen? Darum geht es doch bei dem Gedanken – Alles zurücklassen, dass uns niemand etwas kann! Sie werden uns suchen, doch niemals finden, weil wir beide miteinander ein neues, ein besseres Leben beginnen werden!“ Oh, dieser Blick ist widerwärtig. Ich hasse es, wenn sie das tut, ich habe es schon bei all den Personen vor ihr gehasst. Was sie jetzt wohl antwortet? Bestimmt wird sie mir irgendwelche Vorwürfe machen, wo doch meine Feinfühligkeit geblieben sei. Es könnte weit schlimmer aussehen. „... wie wäre es, wenn wir uns mal eine Pause gönnen und ein wenig Abstand nehmen?“ - Das wagt sie nicht. „Wiederhole dies.“ - Erstaunlich, wie schnell das Feuer aus manch einem Gedankenfluss entschwinden kann, der soeben noch in lodernder Hitze einen Knoten um uns schuf. Aufgelockert, als würde dieser sich sofort lösen, nur, dass eine Flamme auf eine Person überspringt, die fortan mit Verbrennungen leben muss. „Nun, einfach wegfahren, mal an die See, an einen schönen Strand, und uns ein wenig Ruhe verschaffen von all dem Stress, der dir die Nerven zu rauben scheint“, schlägt sie mir mit einer herzhaft warmen Stimme vor, die mir schon damals jegliche Vernunft raubte. Ich lächle ausdruckslos: „Gerne, mein Engel.“ „Du wirkst so nachdenklich“, flüstert sie mir während der Fahrt zu; ich halte kaum den Lenker fest und starre vielmehr auf den Himmel anstatt auf die Straße. Schon einige Male musste sie mich darauf hinweisen, dass wir von der Straße abkommen, es ist beeindruckend, dass sie so ruhig bleibt. Beeindruckend... vielleicht hat sie es nur deswegen so lange mit mir ausgehalten. Vielleicht geht sie davon aus, ich wäre ein Irrer, könnte mich nicht unter Kontrolle behalten? Sie will mich verspotten, all die Zeit über. „Nein, es ist alles in bester Ordnung. Der Urlaub, das ist eine hervorragende Idee. Sag, wie lange ist es bereits her, dass wir zusammen weggefahren sind?“ - Als ob ich das nicht wüsste, doch nun wird sie erst einmal wieder reden und mich mit meinen Gedanken in Ruhe lassen. Vor zwei Jahren, genau genommen dann, als wir uns soeben erst kennengelernt haben, waren wir über ein Wochenende unterwegs, sind mal durch das ganze Land gefahren. Nichts, das einer Erwähnung wert wäre, von daher lohnt es sich nicht einmal, vor sich hin zu faseln, wie schön es doch ist, „mal wieder“ wegzufahren. Naives Stück. Freizeit gilt es zu genießen, man muss auch mal in sich kehren, ungeachtet der Prämissen, die einen immerzu im Alltag belasten. „Vorsicht!!“, brüllt sie von der Seite los und reißt mich aus der Konzentration. Ich trete auf die Bremse. Der Gurt presst auf meine Brust, sie knallt mit dem Kopf gegen die Lehne. Wenige Meter vor uns fährt ein hupender Wagen. Panische Atemnot, bei ihr. Langsam erhöht sich der Abstand wieder, ich fahre weiter, wenn auch langsamer. Fängt sie gerade wieder an zu weinen? Bestimmt. „Du kannst doch nicht... mit 290...“, stottert sie im Schock, „lass mich fahren, bitte...“ „Wir sind doch schon fast da“, beruhige ich sie, „keine Sorge, ich passe schon auf, es ist doch nichts passiert.“ - Ihre Blicke wandern hastig umher, als würde sie vergebens einen Notausgang suchen bei einem Flugzeug, welches soeben abstürzt. Als wäre sie in einem solchen Zustand fahrtüchtig. Jetzt schwafelt sie schon wieder herum, ich warte kurz darauf, dass sie zu reden aufhört, und lege anschließend diese Wärme in meine Stimme, von der sie meint, dass sie stets schön zu hören wäre: „Meine Schöne, du weißt doch, dass nichts Schlimmes geschehen wird, solange ich dich an meiner Seite habe.“ - Ah, da ist ihr Lächeln, diese hübschen Mundwinkel, die an die schönste Stelle gezogen sind. Spektakulär, da fange ich schon selbst an zu glauben, dass nichts passieren kann. Es dämmert bereits, langsam wird es dunkel. Mit einem Koffer und ihrer Handtasche betritt sie das Häuschen, ich muss natürlich den Großteil schleppen. Hübsches Klischee, wenngleich es eine Lappalie ist, gut nur, dass ich mich daran gewöhnt habe. Das Haus ist von der Größe her sehr überschaubar, es gibt gerade zwei Räume, eine kleine Küche und ein Bad, ein klassischer Bungalow eben, der direkt an einen Felsen gebaut ist. Der Ausblick wiederum ist nur schwer zu überbieten – das Gebäude ist direkt am Strand in einer kleinen Bucht gebaut worden, das nächste Dorf ist über 30 Kilometer weit weg und die Straße auf den letzten zwei Dutzend ist nur Feldweg, bei dem man nicht erwartet, dass dieser irgendwohin führt. Hier hat man seine Ruhe, starrt auf das unbegrenzte Meer hinaus und schläft inmitten der wundervollen Natur. Meine Partnerin schmilzt schon bei der bloßen Vorstellung dahin, hier nun eine Woche verbringen zu können, und ich bin es, der ihr diesen Wunsch erfüllt. „Kaum zu glauben, dass wir hier jetzt stehen, nicht wahr?“, frage ich sie gutmütig, womöglich, um mich ihrer Freude zu vergewissern und mir demnach sicher sein zu können, etwas Gutes getan zu haben. Ihre Augen strahlen förmlich: „Das ist so toll!!“ - Mit einem Kuss auf meine Wange stürmt sie in das Gebäude, wirft ihre Sachen in die Ecke und schaut sich begeistert um, seufzend folge ich ihr. Irgendwie habe ich eine bessere Reaktion erwartet. „Schau dir dieses Bad an“, fordert sie mich auf, während ich mich eines möglichst ehrlich aussehenden Lächelns bemühe, um ihrer Bitte nachzugehen. Die Räumlichkeiten sind tatsächlich sehr hübsch, die Wände sind aus Holz, die Decke aus Stein, während allerlei Pflanzen das Innenhaus zieren. Da kommt das Gefühl auf, ich stünde in einem Gewächshaus. Das Bad hingegen ist wahrlich schön gestaltet, die Dusche liegt direkt im Felsen, als sei sie eine kleine Höhle, dessen Wasser direkt aus den Steinen der Decke fließt. Wirklich schick... „Ich werde dann mal duschen“, lächelt sie mich an. Bestimmt möchte sie den Gestank der Fahrt loswerden und sich erst einmal beruhigen, das Haus alleine reicht ihr nicht aus. Soll sie mal. Wobei, wenn ich jetzt wortkarg verschwinde, wird sie sich bestimmt aufregen, allem voran, wenn ich jetzt schlafen gehe. Oder? Nein, es war eine andere, die sich darüber permanent aufgeregt hat. Tollkühn wage ich einen Vorschlag zu machen: „Tu das. Was hältst du davon, gleich zusammen schwimmen zu gehen? Das Wetter ist wundervoll und das Meer liegt direkt vor uns... da könnte man sich von der Autofahrt erholen.“ Sie scheint von der Idee angetan zu sein und wirft mich anschließend erst einmal aus dem Bad. Schnaubend, doch mit halbwegs guter Laune krame ich in den Klamotten nach ihrem Bikini, wobei mir einfällt, dass dies gut der Grund sein könnte, weshalb ich noch bei ihr bleibe. Gleichwohl sie vom Charakter her schrecklich austauschbar ist, ist sie doch eine attraktive, anziehende junge Dame. Ich lege ihre Schwimmsachen vor das Bad auf einen kleinen Stuhl, um mich anschließend selbst umzukleiden und nach draußen zu begeben. Wie beruhigend die Abendbrise sich doch auf der Haut anfühlt, dazu noch der Duft des Meeres. Ein wenig kommt bei mir die Vermutung auf, dass sie sogar Recht haben könnte und mir diese Auszeit wirklich gut tut. Mit den Füßen taste ich mich ein wenig an das Wasser, es ist angenehm kühl. Hier könnte ich gewiss mein ganzes Leben verbringen. Hin und wieder schaue ich zum beleuchteten Haus, warte die halbe Stunde ab, die sie immer zum Duschen benötigt. Ich ziehe den Rest meiner Klamotten aus, um mich in den Sand zu legen, das Wasser schwappt bis zu meiner Hüfte und wieder zurück an meine Füße, als würde ich in einem reinigenden Bett liegen, das alle Sorgen bis zum Horizont zu spülen versucht. Wie gerne ich jetzt eine Zigarre hätte, das würde hervorragend in diesen Moment passen. Die Müdigkeit schlägt in der Trance beinahe abrupt zu, mit der angenehmen Gewissheit, dass morgen in der Frühe die Straßen um uns herum leer sein werden, genau wie am Tag darauf. Und wiederum auf den darauffolgenden Tag. Ich könnte hier mein gesamtes Leben verbringen und niemand würde mich je wiederfinden. Ist dies nicht der Traum? Einfach ganz für sich in der Glückseligkeit herabsinken, alleine, ohne, dass irgendjemand einem Vorwürfe macht, ohne, dass man streitet, ohne irgendwelche Lappalien, die es sich ohnehin nicht auszudiskutieren lohnt. Ich lasse meine Gedanken bis über den Horizont hinaus streifen und waten. „Hast du mich vermisst?“, fragt mich eine sanfte Stimme, die dennoch wirkt, als würde sie mich aus einer Meditation mit donnerndem Gewitter herausreißen. Ich schätze, an dieser Stelle wäre es angebrachter zu lügen: „Natürlich habe ich das.“ - Es wäre wohl überaus nützlich, wenn ich mich darum bemühe, keinerlei Anstalten zu machen. Zugegeben, hier die Zeit zu verbringen wird mich glücklich verstimmen, und ich bezweifle, dass sie mir diese erfüllte Hoffnung zerstören könnte, egal, wie sehr sie mich fertigzumachen versucht. Sie hat all dies doch bloß arrangiert, um mich zu kontrollieren; als sei dies notwendig, als könnte ich mich nicht selbst beherrschen. Jetzt steht sie dort in einem knallig roten Bademantel, darunter der braune Zweiteiler, mit hübschen, goldenen Pailletten verziert: „Na, wollen wir ins Wasser springen?“ - Welch ein anziehendes Lächeln, da bekommt man gewiss Lust. Wo man schon hier ist, muss man die Zeit auch genießen. Wie wir uns vergnügen, gestern musste ich doch tatsächlich in die nächste, weit entfernt liegende Stadt fahren, um ihr einen neuen Bikini zu holen, zumal ihrer von den Wellen fortgespült wurde. Wenn wir doch unter uns sind, ist es doch gar nicht notwendig, sich einen Neuen zuzulegen, doch diese Art von zweisamer Freiheit passt ihr wieder nicht – es könnten ja fremde Leute auftauchen. Garantiert. Hier, in der Prärie. Komische Denkart, ich verstehe sie nicht, generell scheint das meiste Handeln und Denken gänzlich unverständlich zu sein, und Personen wie ich, die darüber urteilen, es „sogar wagen“, dies gerechtfertigt zu verspotten, werden als krank bezeichnet. Als wäre ich nur deswegen krank, weil ich den Durchblick besitze, weil ich genauestens verstehe, wie all die anderen denken und ebenjene schlichtweg viel zu sehr in der Mentalität eines Primaten gefangen sind, um meinen Verstand zu erfassen in der Lage zu sein. Der Urlaub ist bereits zur Hälfte verstrichen, wie konnte das derart zügig geschehen? Wie entsetzlich es ist, dass man sich in wohliger Stimmung kaum an der Zeit festhalten kann – sie rast schier davon. Wäre es doch immer so unkompliziert, würde dies doch ewig andauern. Gerne genießen wir die Tage, in denen wir schwimmen, uns miteinander ausnahmsweise sinnhaltig unterhalten, spazieren gehen oder nur der Umgebung lauschen; ebenso schön sehen die Abende aus, wo wir uns in allem Genuss betrinken, entsprechend nochmal schwimmen und uns im Antlitz des Sonnenuntergangs einander die Begierden befriedigen. Oh, wie dies in die Nacht übertritt. Tatsächlich kann ich mich nicht beklagen, so fantastisch ist es hier, es scheint, als würde sich das gemeinsame Glück und diese Art des Lebens ergänzen und vervielfältigen. „Wieso kann es nicht immer so sein?“ - Wie sehr diese Frage auf der Zunge brennt und unbeschreibliche Schmerzen verursacht. Als würde sie Narben hinterlassen. „Ich weiß es nicht“, antwortet sie, wobei ich nicht exakt zu bestimmen weiß, ob sie nun ehrlich ist oder nicht, mit Sicherheit allerdings, dass sie diese Zeit genießt und mich als denjenigen normalen Menschen erachtet, der ich eigentlich bin. Vielleicht ist diese Frage auch nicht angemessen für den frühen Morgen, friedfertig erhebe ich mich und stolziere spielerisch in die Küche: „Wünschen Mademoiselle etwas Rührei, zusammen mit deliziösem Toast und Käse?“ - Lächelnd stimmt sie dem zu und beugt sich dabei verführerisch nach vorne. So sollte es mal die ganze Zeit über laufen. Den Tag der Abreise haben wir beide im Rausch des Glücks gänzlich ausgeblendet – gleichermaßen sind wir scheinbar gewillt, dieses gemeinsame Gefühl noch über einen längeren Zeitraum zu genießen. Nun fällt es nicht schwierig, der Skepsis zu entsagen, wo ich doch vorher bereits die Intention hatte, gar nicht erst zurückzukehren. Natürlich ist es nun sie, die ankommt und unbedingt ihren Zwiespalt zur Sprache bringen muss. „Du packst ja nicht mal deine Sachen ein“, stellt sie völlig sinnlos fest, tut sogar so, als wäre sie überrascht. Tatsächlich ist es nicht gerade leicht, die eigene Entspannung zur Sprache zu bringen, ohne in eine völlig desinteressierte Gleichgültigkeit abzudriften. Möglichst sanftmütig erkläre ich es ihr, während ich ihre üppige Hüfte umgreife und mit ihr beieinander stehend etwas umherschwelge: „Weißt du, mein Engel, uns geht es hier so gut, und in gerade einer Woche ist es kaum möglich, vernünftig zu entspannen. Daher habe ich mir als Überraschung einfallen lassen, den Urlaub einfach zu verlängern, ich habe ohnehin noch eine Menge Tage übrig, genau wie du. Meine Hübsche, schau dir doch diesen Ausblick an, das Meer, die idyllische Landschaft. So gut, wie wir uns hier verstehen – So lange möchte ich es auch beibehalten. Komm, legen wir noch ein, zwei Wochen drauf...“ - Meine Stimme wechselt immer mehr zu einem Flüsterton, ihr darauffolgendes, wenngleich besorgtes Lächeln entgeht mir keineswegs; zu meiner Überraschung stimmt sie der Idee allerdings zu. „Ja, mir gefällt es auch hier“, antwortet sie knapp, gänzlich entgeistert, es ist offenkundig, dass sie dessen sehr viel abgeneigter ist, als sie zuzugeben bereit ist. Angst, ich wittere ihre Furcht vor mir, als sei ich ein Raubvogel, der seine Beute ins Visier genommen hat. Vielleicht bin ich dies sogar, doch jene für sie besorgniserregenden Eigenschaften sind in meinen Augen ein tiefes Streben danach, das gemeinsame Glück beizubehalten, Ziele, die für viele Menschen scheinbar zu hoch sind. Oh, sie wird es eines Tages verstehen, erkennen, wie großartig dieses Ziel doch tatsächlich ist, wie weit der eigene Horizont doch reichen kann. „Ich werde dich nicht loslassen, ich werde immer bei dir bleiben und so gut für dich sorgen, wie es mir möglich ist, mein Engel. Das verspreche ich dir.“ - Sie muss endlich einsehen, dass es keinen Grund zur Furcht gibt, nicht hier in dieser kleinen Utopie, die wir für uns entdeckt haben. „Ich liebe dich“, sagt sie im leichten Ton eines Wimmerns. Ja, dies bereitet ihr Schmerzen, sie verabscheut mich und kann sich nicht von mir lösen. Sie wird eines Tages verschwinden, mich alleine lassen, mein soeben gegebenes Versprechen ruinieren. Wie kann sie dabei so schamlos sein? Beeindruckend, wie sie doch damit zurechtkommt. „Ach, ich dich doch auch“, erwidere ich, mir in den Sinn rufend, dass ich wenigstens Ehrlichkeit an den Tag lege, offen zur Sprache bringe, wenn ich etwas fühle oder mich etwas belastet. Nicht irgendwelche inhaltslosen Vorwürfe wegen ihres Verhaltens, wie sie es doch allzu gerne bei mir zu tun pflegt. Ob sie dazu auch in der Lage ist? Ich werde es ihr wohl oder übel beibringen müssen. Einen Moment halten wir zeitgleich inne, anschließend gebe ich ihr einen Kuss mit meiner von seelischen Brandwunden überzogenen Zunge, um ihr zu verdeutlichen, dass dieses Versprechen durchaus von Bedeutung für mich ist. Dies sollte jenes gewisse, heimische Gefühl sein, wonach man sich doch andauernd sehnt. Weshalb möchte sie es nicht festhalten? Weshalb ist sie so zwanghaft darauf fixiert, wieder in den Alltag zurückzukehren, der unsere Beziehung erst so schwierig macht? Nahtlos setzt sich unsere, ja, man könnte es fast Trance nennen, fort, und wie es scheint, ist es mir doch möglich, sie zu erreichen, dass sie sich derart darauf einlässt. Hier ist sie irgendwie anders, nicht so stur oder dickköpfig. Knapp anderthalb Wochen sind wir mittlerweile hier, die Hälfte der Zeit, von der zumindest sie momentan ausgeht. Den Gedanken halte ich immer noch fest – ihr nahezulegen, dass es wichtig ist, über die eigenen Empfindungen zu reden. Irgendwann wird sie mir sagen, dass sie gleichermaßen ewig hier bleiben möchte, abgehauen von der Welt, im Wohlstand verweilen und friedlich in den Armen voneinander den Tod finden. Wir liegen zusammen im Bett, der Sonnenschein hat uns geweckt wie an jedem anderen, wundervollen Tag auch. Lächelnd wünscht sie mir einen guten Morgen, gefolgt von einem Kuss. Hmpf. So lassen sich völlig belanglose Trivialitäten ebenfalls vertuschen, einfach durch den Austausch von Speichel etwas so darstellen, als sei es besonders, viele sind wohl naiv genug, ihre Gefühle dabei als das einzig Wahre zu bezeichnen, sie verfehlen den Wahrheitswert damit gar nicht mal, nichtsdestoweniger ist es umso wichtiger, einigermaßen zu wissen, weshalb dies so brillant ist. „Hah, ist dir denn bewusst, wie gut ein solcher Morgen tatsächlich ist, und dies schon seit dem Zeitpunkt, wo wir hier angelangt sind und du mit sprießender Begeisterung die Dusche in Angriff genommen hast?“ - Ihr Blick ist mit bloßen Worten nicht zu beschreiben, ich weiß nicht, ob es nun angemessener wäre, zu lachen oder zu weinen. „Sag es mir“, fordert sie mich auf, um ihre eigene, grenzenlose Dummheit zu verdecken. Das Seufzen meinerseits sollte zufrieden und gedankenversunken genug klingen, dass sie sich nicht darum kümmert oder nicht einmal richtig begreift, wie sehr ich mich ihrer teilweise schäme. Nun gut, man muss auch Risiken eingehen bei hohen Zielen. „Nun“, setze ich an, die Kunst ausübend, meine Erschütterung ob des Charakters dummer Menschen zu verbergen, „das Glück kennzeichnet sich in verschiedenen Weisen, ob es vorhanden ist oder eben nicht. In diesem Fall, recht eindeutig und viel zu offensichtlich, äußert es sich darüber, dass ich nicht mehr träume. Ansonsten kreisen sich Träume um schöne Dinge, die ich gerne erleben möchte, doch momentan gibt es dort nichts, demnach kann ich zurecht behaupten, wunschlos glücklich zu sein. Verstehst du das?“ Sofort fällt sie um mich und scheint mir bereitwillig ihren Körper anzubieten, nur einen stumpfen Kommentar von sich gebend: „Du ahnst ja nicht, wie sehr es mich freut, das von dir zu hören...“ - Oh, und wie ich es weiß. Du erwiderst es nicht im geringsten, vermutlich hasst du mich sogar zutiefst. Wie widerwärtig. Dumme Personen sind halt wortkarg, geben nichts außer sinnlosem Müll von sich und von sich preis aufgrund ihrer schändlichen Überzeugung, dass es vermutlich nicht mal etwas gäbe, worüber sie reden könnten. Nun befindet sie sich wieder inmitten ihrer Lust, darauf liegt wohl ebenso ein Fokus. Eindrucksvoll, wie schwer es mir doch fällt, dem zu widerstehen. Männer sind kaum besser. Womöglich möchte ich auch einfach keinen Stress haben. Vielleicht irre ich mich bezüglich der Glückseligkeit. Woran sie wohl bei all dem denkt? Vermutlich an nichts, möglicherweise hat sie sogar erkannt, wie weit sie nun unter mir steht. Das Verlangen zur Produktivität ist zur Gänze erloschen, kein Wunder, wo doch jedes Zeichen darauf hinweist, wie einen das Leben als Zahnrad auf den Weg der Selbsterfüllung im Wege steht. Schwierig, diese beiden Aspekte miteinander zu vereinen, allem voran in Fällen, wo man einsieht, wie hinfällig doch das ist, was man tagtäglich zu tun pflegt. Man vollbringt nichts Großes, nichts Bedeutsames. Und hier liegen wir beieinander, genießen das Nichtstun zwei Tagedieben gleich. Plötzlich ist alles angenehmer, weshalb erwähnt sie dann nicht ihre Freude und spricht nur von Heimkehr? Nun, es braucht wohl etwas Zeit, bis sie versteht, dass die anderen Kontakte nunmehr irrelevant sind, wenn sich das eigene Befinden trotz bestehender Distanz verbessert. Ich habe auch nur sie und kann mich nicht beschweren. „Wie lange sind wir eigentlich schon hier?“, fragt sie mich verwirrt, „so der Moment, dass man nicht merkt, wie die Zeit verfliegt, hah.“ - Mit einem verlegenen Kichern wartet sie auf eine Antwort, wird gewissermaßen ungeduldig. Ich bleibe allerdings gelassen, so leicht schafft sie es nicht, sich von der Ästhetik zu lösen. Ihre sogenannten Freunde würden mir zudem beistehen, ihr etwas Gutes zu tun. „Gehen wir doch nochmal ins Meer, wenn du erst wieder das erfrischende Wasser an deinem Körper spürst, wirst du nicht so schnell verschwinden wollen“, versuche ich sie ermutigend zu überzeugen, doch auch dort lehnt sie desinteressiert ab: „Nee. Mir ist etwas schlecht.“ - Eine bessere Ausrede fällt ihr wohl nicht ein. Sich krank zu stellen, um schnell wieder zurück zu fahren, „nach Hause“, wie sie es nennen würde. Allerdings sind wir bereits daheim. Wie konnte es bloß passieren, dass wir nun so abgeneigt voneinander sind? Das letzte Mal, als wir uns mehrere Tage, oder waren es Wochen, nicht sehen konnten und gewissermaßen getrennt waren, sind wir beim Wiedersehen aufeinander zugerannt und haben uns fest in die Arme geschlossen, gelacht, uns geküsst und die hellste Freude erfahren. Sollte man sich nicht eben darauf besinnen, wenn man den Schritt wagt, gemeinsam den Rest des Lebens miteinander zu verbringen? Widerwärtig, wie man die Wertschätzung doch zu verlernen in der Lage ist. Oh, nein, einen Moment. Sie glaubt ja immer noch, dass wir wieder abfahren werden. Da ist es ja beinahe verständlich, dass sie falsche Erwartungen annimmt. Sie wird sich schon daran gewöhnen, ja, die ersten beiden Wochen ging es ihr schließlich gleichermaßen großartig. „Meine Sachen sind schon fertig, räum' jetzt dein Zeug zusammen und fahren wir!“ - Stolz kippe ich mir vor ihren Augen noch zwei Schnäpse und mache ihr das dekorative Angebot, die letzten Tage nochmal richtig zu genießen, mir bereits einen angenehmen Vortrag darüber überlegend, dass die Vier schließlich die dekorative Zahl des Todes sein würde und man demnach ganz und gar nicht nach einem solchen Zeitraum fahren dürfe. Anstatt sich in irgendeiner konstruktiven Argumentation zu äußern, fordert sie mich stumpf auf: „Morgen. Sonst nehme ich mir dein Auto. Gute Nacht.“ - Dem Anmut eines aufgekratzten Eichhörnchens gleich hämmert sie die Tür hinter sich zu, während ich sämtlichen Alkohol auf einmal mehr zu würdigen weiß, so sehr, wie sie nichts in diesem Monat zu würdigen wusste. Gewiss wird es nicht leicht sein, sie beizubehalten, doch sie wird sich zweifelsohne damit anfreunden. Schließlich hat sie keine andere Wahl. „Wir müssen fahren...“, fordert sie mich zum wiederholten Mal auf, ihre Stimme ist gebrochen. Allmählich bin ich dieses ewige Flehen leid, ich schlage mit der Faust plötzlich auf die Tischplatte, sodass die Vase hinunterfällt und in Einzelteile zersplittert, während die hübsche, dümmliche, junge Frau verschreckt in sich zusammenzuckt. Ich brülle lautstark los: „Halt doch endlich deine Fresse! Ständig dieses Gejammer. Ohh, ohh, wir müssen nach Hause. Ohh, ohh, die Arbeit. Wer schert sich denn bitte darum? Wir haben es hier so gut, und du willst das alles kaputtmachen – aus irgendwelchen an den Haaren herbeigezogenen Gründen, die nicht mal du selbst glaubst. Bist du etwa nicht glücklich?“ - Ihr Gesicht ist im Weinkrampf erstarrt. - „Bist du nicht glücklich?!“ Da bricht sie natürlich wieder in Tränen aus. Kümmerliches Mädel. Irgendwelche Worte versucht sie noch aus sich selbst herauszuquälen: „Du verstehst nicht... bitte... lass uns fahren... ich...“ Bemitleidenswert ist sie ja schon. Womöglich habe ich auch geringfügig überreagiert, allerdings ist ihr bewusst, wie ich mich verhalte, wenn ich ein wenig genervt bin. Es kann halt nicht immer Frieden geben, und diese ständigen Trivialitäten hält ja niemand aus. „Hey, mein Engel“, spreche ich sie beruhigend an und umfasse zärtlich ihre Hände, „worüber machst du dir denn noch Sorgen? Irgendwas anderes bedrückt dich doch.“ - Nicht lange hält sie inne und sinkt schnell wieder in meine Arme: „Wir müssen heimfahren, bitte.“ - Gleich trete ich ihr ins Gesicht. „Warum denn, was ist so dringend?“, frage ich subtil gereizt weiter nach, mich selbst in Zaum haltend. „Ich... seit einer Woche, also... ich weiß es nicht, ich...“, stottert sie komplett desorientiert, während ich sie weiterhin zu ermutigen versuche: „Was ist denn seit einer Woche?“ „Ich denke...“, fängt sie wieder einen Satz an, ohne ihn zu Ende zu bringen. Meine Hand ballt sich zu einer Faust, beinahe hole ich schon aus. „Ich bin schwanger.“
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