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| - Ein neuer Tag hier in Vol’jins Stolz. Immer mehr merke ich den Unterschied zu dem Lager, in dem ich mich vorher befand. Der Ton ist rauer, aber alle verhalten sich disziplinierter. Es ist eben ein Kriegslager, wie Celaidien mir so schön erklärte, als sie eintraf. Erneut aßen wir zusammen, ehe wir uns wieder zurückzogen, sofern es hier überhaupt möglich ist. Es blieb eigentlich nur meine Unterkunft, denn außerhalb der Befestigungen war es zu gefährlich, wie mir erklärt wurde.Celaidien und ich führten also die Gespräche vom Vortag fort. Erneut ließ sie mich reden und bohrte hin und wieder nach, wenn ich ihr zu ungenau war. Hatte ich gestern noch Probleme, so fiel es mir heute leichter, über alles zu reden, was sich über die Jahre so angestaut hatte. Jede Angst nannte ich beim Namen, jede sch
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| - Ein neuer Tag hier in Vol’jins Stolz. Immer mehr merke ich den Unterschied zu dem Lager, in dem ich mich vorher befand. Der Ton ist rauer, aber alle verhalten sich disziplinierter. Es ist eben ein Kriegslager, wie Celaidien mir so schön erklärte, als sie eintraf. Erneut aßen wir zusammen, ehe wir uns wieder zurückzogen, sofern es hier überhaupt möglich ist. Es blieb eigentlich nur meine Unterkunft, denn außerhalb der Befestigungen war es zu gefährlich, wie mir erklärt wurde.Celaidien und ich führten also die Gespräche vom Vortag fort. Erneut ließ sie mich reden und bohrte hin und wieder nach, wenn ich ihr zu ungenau war. Hatte ich gestern noch Probleme, so fiel es mir heute leichter, über alles zu reden, was sich über die Jahre so angestaut hatte. Jede Angst nannte ich beim Namen, jede schlechte, schmerzhafte Erinnerung erzählte ich ihr. Sie hörte aufmerksam zu und versuchte, sie so zu drehen und zu verändern, dass sie jeden Schrecken für mich verloren. Dass sie jedes Detail hören wollte, war letztendlich gar nicht so schlimm, wie ich feststellen musste. Ganz im Gegenteil. Ich weiß nicht, was sie damit beabsichtigte, aber irgendwie funktioniert es. Dadurch, dass sie mir in diesen Punkten Denkanstöße gegeben hat, wirkt alles weniger schmerzhaft oder bedrohlich. Ich habe nicht mehr das Gefühl, dass diese Ängste und diese Erinnerungen mich vollständig lähmen.Es wird zwar laut ihrer Aussage noch dauern, bis dieses Gefühl komplett verschwunden ist, aber der Anfang dafür ist gemacht, der Weg dahin bereitet. Alles Weitere muss von mir kommen, sagte sie, und sie hat Recht. Alles verarbeiten und dafür zu sorgen, dass es mich nicht länger lähmen kann, mich nicht länger in irgendwelche Abgründe reißt, das ist meine Aufgabe.Wir werden erneut reden, wenn ich Celaidien richtig verstanden habe, doch für den Moment hörten wir auf, damit ich das alles erst einmal sacken lassen konnte. Stattdessen fragte sie mich, ob ich wüsste, wie man meditiert. Ich weiß, ich habe das damals während meiner Ausbildung gelernt.Wie kann man nur so dumm sein? Warum habe ich nicht schon viel früher daran gedacht? Ich bin unausgeglichen, und die Meditation hat mir damals immer geholfen. Vielleicht könnte sie mir erneut helfen. Vielleicht lindert das auch den Schmerz über die räumliche Trennung. Vielleicht lindert sie auch die Sehnsucht und die Einsamkeit.Ich fange schon wieder an. Ich darf nicht zulassen, dass mich die Trauer und die Sehnsucht übermannen. Ich muss dagegen ankämpfen, und ich werde dagegen ankämpfen. Sonst wird wirklich alles umsonst sein.Zurück zum heutigen Tag. Celaidien rief mir noch einmal die richtige Vorgehensweise beim Meditieren ins Gedächtnis: Als erstes sollte ich mir einen Ort suchen, an dem ich mich gerne täglich aufhalten würde. Das ist in einem Kriegslager natürlich schwer, aber es wird einfach meine Unterkunft sein. Sie ist auch einigermaßen ruhig, zumindest ruhiger als die sonstigen Plätze hier in Vol’jins Stolz. Eine Unterlage für den Boden habe ich auch. Damit sind die Punkte schon mal erledigt. Celaidien wies mich dann an, mich aufrecht hinzusetzen, was ich auch tat. Die Arme sollte ich locker fallen lassen, die Hände ineinander legen, ohne dass sich meine Daumen berühren sollten. Als nächstes sollte ich die Schultern fallen lassen und mit dem Kopf locker geradeaus schauen. Soviel wusste ich noch von meiner Ausbildung, so dass ich keine Probleme hatte, Celaidiens Anweisungen zu folgen. Ich schloss die Augen. Doch mich zu entspannen, während gleichzeitig der Körper aufrecht bleiben sollte, war schon schwieriger. Auch die Konzentration auf meine Atmung fiel mir schwerer, zu aufgewühlt war ich. Doch schließlich funktionierte es. Celaidien beobachtete mich die ganze Zeit, das hat sie mir hinterher erzählt. Sicher, meine Gedanken unterbrachen meine Konzentration mehrere Male, doch nachdem ich wieder wusste, wie es ging, konnte ich mich wieder bewusst auf die Atmung konzentrieren.Irgendwann rief mich Celaidien dann in die Wirklichkeit zurück. Sie wirkte zufrieden. Sie wies mich allerdings auch an, dass ich diese Meditation nun regelmäßig machen sollte, wenn möglich morgens und abends. Ich bin gespannt, ob ich das wirklich schaffe, wenn ich erst einmal hier eingespannt werde. Ich werde es auf jeden Fall versuchen. Da ich ja ohnehin immer sehr früh aufwache, noch bevor sie hier ankommt, dürfte ich das sogar morgens schaffen.Sie sprach auch noch von einer weiteren Möglichkeit, nämlich Sport, um genauer zu sein, das Laufen. Das werden wir aber erst morgen oder übermorgen in Angriff nehmen. Eigentlich wollte sie mit mir auch weiterhin trainieren, doch da sagte sie, dass sich das womöglich nicht realisieren lassen würde, zumindest nicht so, wie sie es beabsichtigt hatte. Aber vielleicht lässt sich da doch etwas einrichten. Ich werde es sehen. Wenn nicht, ist es auch nicht schlimm. Sie tut auch so schon sehr viel für mich. Kategorie:Geschichten
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