abstract
| - Eine kühle Brise wehte über das Meer und brachte den eigentümlichen Geruch der See mit. Seit drei Tagen schon stand ein kleiner Mann einsam am breiten Sandstrand und blies auf einer Flöte. Ganz so einsam war er allerdings auch nicht, denn in nicht allzu großer Entfernung stand noch eine weitere Gestalt, die ebenfalls schon tagelang ausharrte. Ausserdem beobachteten einige Möwen das Schauspiel neugierig. Der kleine Mann gönnte sich eine Pause und die hochgewachsene Gestalt näherte sich. „Ihr solltet Euch ein wenig ausruhen, Vater“. „Das Rufen hat nichts bewirkt. Die Lieder bewirken nichts!“, sagte der Angesprochene resigniert. „Vielleicht können sie sie einfach nicht hören?“ „Ja, vielleicht ...“, begann der kleine Mann, dessen graue Kutte im Wind flatterte, und schaute den anderen plötzlich verdutzt an, „aber natürlich, das ist es, oh ich Esel, wo sind nur meine Gedanken?“ Alfar war zufrieden, seinem Schützling auf eine neue Idee gebracht zu haben, auch wenn er bezweifelte, das diese Idee seine Aufgabe einfacher machen würde. Pantherados rannte sofort bis zur Brust ins Wasser, tauchte die Flöte ein, bückte sich um seinen Mund mit Wasser zu füllen und spielte. Alfar konnte nichts hören, verstand aber sofort, was sein Gefährte vor hatte und fasste kurzerhand den Plan ihn spätestens in einer halben Stunde aus dem Wasser zu ziehen, bevor er sich den Tod holte. Nun, so lange sollten sie nicht warten müssen. Plötzlich spritze Gischt auf und etwas Großes schoss auf den kleinen Priester zu, die tödliche, rote Spitze eines Horns auf ihn gerichtet. Kurz bevor es ihn erreichte, drehte es sich und kam seitwärts schlitternd zum Stehen. Alfar rannte los. Er erreichte Pantherados als dieser sich lächelnd umdrehte und den tiefblauen Körper der Kreatur streichelte. „Sieh nur, wer gekommen ist!“ Ein kehliger, rythmischer Gesang kam aus der Kehle des Priester und die Luft bekam eine ölige Konsistenz als die Magie sich manifestierte. Pantherados fühlte die samten weiche Oberfläche, die vollkommen trocken war als ob sie nie ein Tropfen Wasser benetzt hätte, fühlte die Wärme, die von der Kreatur ausging. „Ich kenne Dich, Landbewohner. „ „hhHuingghhhhiiiimmmmmmuuuuuhhiGnnnoooo, bist Du es wirklich?“ Das langsame Pulsieren, das der Verbindungszauber dem äußerlich stummen Zwiegespräch auferlegte, störte beide nicht. „Nein. Es gibt Lieder über Dich“, bemerkte das Geschöpf als sei damit alles gesagt. Fast alles. „... und er heisst hhHuingghhhhiiiimmmmmmuuuuuhhiGnnnoooo nicht hhHuingghhhhiiiimmmmmmuuuuuhhiGnnnoooo.“ Pantherados war zunächst etwas verwirrt doch er fing sich. Es muste sich hier um einen Wal handeln, der seinen Freund kannte. Die Welt oder besser gesagt das Meer war kleiner als gedacht. „Ich möchte Dir versichern, dass ich Dir kein Leid zufügen werde“, begann der Priester Dondras. „Du singst über die Zukunft, Bhanbweados. Sing nicht leichtfertig.“ Pantherados fühlte Ärger in sich aufsteigen. „Ich bin Pantherados. Wie lautet Dein Name?“ „Whiiibhinduuuiihiinnnuuuooom werde ich von meinesgleichen genannt. Wie lautet Dein Angebot?“ „Angebot? Ähh, also eigentlich rief ich Dich, weil ich Deine Hilfe brauche.“ „Das ist alles, was Du anzubieten hast? Deine Hilfsbedürftigkeit?“ „Ähh, ja, zunächst einmal schon.“ „Das hört sich so verlockend an wie der Brunftschrei eines Schlingers.“ Pantherados nahm sich vor, bei nächster Gelegenheit mehr über diese Flöte herauszufinden, die ihn nun schon seit einiger Zeit begleitete. „Es geht bei der ganzen Sache um Schlinger.“ Schweigen. Pantherados wartete ein wenig. Die Magie pulsierte. Die Wellen schwappten gegen seinen Körper, doch er fühlte keine Kälte. Schweigen. „Wie kann ich sie töten?“ Ein paar Augenblicke verstrichen, dann stiess der Wal eine kleine Fontäne aus und entgegnete: „Man kann Schlinger nicht fressen!“ „Ähh, mag sein, ähh, ich will sie nicht essen, ich will sie nur töten.“ „Landbewohner, hör gut zu. Schlinger kann man nicht fressen. Sie sind groß und stark und sehr zäh.“ Pantherados merkte, dass die Übersetzungskunst der Magie an ihre Grenzen kam. „Ich will sie ... besiegen.“ „Bfffffhmmmuuiiimoooomhoohooo“, machte der Wal und einige weitere Geräusche, die sich sehr ähnlich anhörten. Pantherados war wieder verwirrt und ärgerlich. Doch dann spürte er instinktiv, dass der Wal ... lachte. Er lachte. Vermutlich über das, was er gesagt hatte und sein Mut schwand ein wenig. „Du willst Dich wirklich um des Liebesdienstes Willen in der Dichtkunst mit einem Schlinger messen?“, japste der purpurne Wal zwischen zwei ‚Pffffhhhhuuuiiihiihhiiihhiooouuuammoiihiii’s. Pantherados überlegte. Das Gespräch verlief nicht ganz in die Richtung, die er geplant hatte. „Ich will nicht von einem Schlinger gefressen werden.“ „Das hingegen, bffffhhhuihi, ist ein weiser Wunsch“ gab der Meeresbewohner deutlich besser gelaunt zu. „Wie schaffe ich das?“ „Ist das nicht offensichtlich?“ „Nein?“ „Schwimm oder was immer ihr mit euren Beinen macht nicht zu nah ans Meer. Du bist ein Landbewohner, das sollte doch kein Problem sein, oder?“ „Angenommen, ich müsste aber dorthin. Aus wichtigen Gründen?“ „Das ist so leicht wie Hering fangen. Schlinger sind langsam, schwimm einfach weg.“ „Nun mal angenommen, ich könne nicht schnell genug wegkommen. Ich müsste auch mit einem Schiff fahren. Aus verschiedenen Gründen.“ „Das ist einfach, erzürne die Schlingern nicht. Dann bleiben sie in der Tiefsee.“ „Und ähhh angenommen, das mit dem Nicht-Erzürnen würde nicht gehen.“ Eine Pause folgte. „Aus wichtigen Gründen, wie? Also, ein Landbewohner, der auf besonders langsamen Haufen aus Landkelp an der Oberfläche treibt, und einen Schlinger erzürnen möchte ...“ „mehrere Schlinger, eigentlich recht viele. Und man nennt diese Dinge Schiffe“, warf Pantherados ein. „... der besonders langsam auf seinen Schiffen ist, und viele Schlinger erzürnen möchte, möchte nicht von einem der – vielen – Schlinger gefressen werden, richtig?“ „Ja, so ungefähr.“ „Bhanbweados, Du brauchst tatsächlich Hilfe.“
*
*
*
*
* Alfar betrachtete mißtrauisch das ungleiche Paar in stummen Zwiegespräch und auch der zufriedene Gesichtsausdruck des Priesters konnte ihn nicht endgültig überzeugen, dass keine Gefahr drohte. Er musste immer daran denken, was das letzte mal passiert war.
*
*
*
*
* "Wirst Du mir also helfen?" "Nein", antwortete der Wal. Pantherados wurde zornig, er brauchte bei dieser Form der Kommunikation allerdings etwas mehr Zeit, um in der ihm geläufigen Art und Weise zu reagieren - zu viel Zeit. "Ich kann nicht." konnte der Wal noch einwerfen. "Was?" Pantherados Ärger konnte sich noch nicht so recht Bahn brechen. "Ich kann nicht. Ich weiss nicht wie." "Warum?" "Was glaubst Du denn? Ich weiss wie man als Wal einen Schlinger umschwimmt. Ich weiss nicht, was Du machen sollst." Pantherados Laune sank, doch er gab die Hoffnung nicht auf. "Was machst Du denn, wenn ein Schlinger angreift?" "Ganz einfach, wir können sehr schnell schwimmen. Ich schwimme weg, Schlinger sind langsam und dumm." "Und wohin schwimmst Du?" "Ins Flachwasser. Versuche nie vor Xnums Geschöpfen in die Tiefe auszuweichen. Bleib in der Nähe der Luftoberfläche. Sie mögen das Tageslicht nicht, ihre Augen sind schliesslich für das Dunkel der Tiefe geschaffen." "Könnte man sie blenden? Vielleicht in dem man das Sonnenlicht bündelt und in die Augen lenkt?" fragte der kleine Mann. "Möglich, dass sie das vertreibt oder verwirrt. Ich würde dafür meine Schwanzflossen aber nicht in das Maul eines Hais stecken." "Du meinst, darauf sollte man sich nicht verlassen?" "Nein. Viele Meeresbewohner können Dich viel besser hören als sehen, so auch die Schlinger. Wenn man laut pfeift, ungefähr so - fffiiiääängggg fffiiiääängggg fffiiiääängggg - verlieren sie für eine Weile die Orientierung" Diese Pfiffe klangen irgendwie ... laut natürlich ... und metallisch. "Können sie dann vielleicht Freund von Feind nicht unterscheiden?" fragte Pantherados. "Natürlich können sie das. Schlinger können doch wohl den Unterschied zwischen einem Schlinger und einem Schiffdings fühlen und selbstverständlich riechen. Sie riechen übrigens mit ihren Tentakeln." "Was macht ihr denn, wenn ihr wirklich nicht fliehen könnt?" "Landbewohner, so oft stellt sich das Problem nun wirklich nicht, dass wir uns darüber Gedanken machen müssen." "Denk nach Whiiibhinduuuiihiinnnuuuooom, gibt es vielleicht eine Möglichkeit den Monstren das Riechen und Fühlen abzugewöhnen?" "Du singst es verkehrt, Bhanbweados, es heisst Whiiibhinduuuiihiinnnuuuooom." "Fällt Dir etwas ein?" Der Wal dachte nach. "In der höchsten Not verstecken wir manchmal Jungtiere zwischen Vertreibekelp1. Wenn die Blätter oder Stängel beschädigt werden, wird das Wasser weisslich trübe, so dass man nichts sieht, überall juckt und brennt es und der Gestank ist fürchterlich." "Und wenn nichts davon in der Nähe ist?" "Ach, das Zeug wächst hier überall in flachem ruhigen Wasser." "Das hört sich sehr vielversprechend an. Haben die Schlinger noch weitere vielleicht magische Sinne? Sprechen sie miteinander?" "Trockenflosser, Xnum hat sich ein paar Diener geschaffen, die sehr stark und sehr hungrig sind. Er möchte nicht, dass sie auf besonders schlaue Ideen kommen, sich zusammenrotten und sich gegen ihren Meister auflehen. Schlinger sind dumm. Schlinger gehorchen. Und nur weil sie Xnums Geschöpfe sind, müssen sie noch lange nicht magische Sinne haben und Zaubern können. Deines Herrn Packeysriesen können das doch auch nicht, oder?" Pantherados dachte eine Weile nach. Ihm fiel aber nichts besseres ein als: "Was würdest Du tun, wenn das alles nicht gelingt?" "Landbewohner, wenn es wirklich unbedingt sein muss, dann schicke ich sie eben auf den Meeresgrund." Der Priester war verdutzt: "Du hast gesagt, dass man sie nicht töten kann. Was machst Du dann also?" "Landbewohner, ich habe Dir einige Geheimnisse enthüllt. Du bist kein Kalb des großen Wales sondern ein Kalb des Sturmes. Du wirst Dich mit dem Lied begnügen müssen, das ich Dir gab. Vielleicht eins noch: Warum, glaubst Du, dass die Geschöpfe der Tiefsee nicht heraufkommen, wenn ein Gewitter tobt? Denk mal darüber nach Sturmkalb. Und möge der große Wal Deine Ohren sensibel machen, Bhanbweados." Ein kurzes Aufspritzen von Wasser und das Geschöpf war verschwunden, die Magie erloschen. Pantherados stand mit klatschnasser Kutte im kühlen auflandigem Wind und begann tatsächlich ein wenig zu frieren. Sein getreuer Begleiter empfing ihn erleichtert mit trockener Kleidung. Der Dondra Priester hatte nicht das bekommen, was er haben wollte - aber vielleicht doch das, was er brauchte. . Segment: Karnicon - Reich: Manatao - Myra-Fundort: Karnicon74/31-35 .
|