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| - Elyedriel betrachtete die immer noch bewusstlose Avalora mit Sorgenfalten. Dann schüttelte sie seufzend den Kopf. Zwei Heiler eilten davon und holten Tücher. Diese wurden am Zelt befestigt, um Avalora vor den Blicken der anderen Patienten abzuschirmen. „Machen wir uns an die Arbeit“, sagte Elyedriel zu den anderen Heilern. Dann begann sie damit, vorsichtig die Schulterstücke von Avaloras Rüstung zu lösen. Ein weiterer Heiler fing bei den Stiefeln an. „Ich habe die Blutungen nur notdürftig stoppen können. Die Verletzungen sind zahlreich und sie hat viel Blut verloren. Ich habe sie für den Rückweg stabilisiert, sonst hätten wir sie unterwegs verloren“, erklärte Elyedriel währenddessen. Zu dritt entkleideten sie die Verletzte. Nun sahen sie das gesamte Ausmaß der Verletzungen. Überall waren Schnittwunden, manche davon tief, andere weniger. Doch am schlimmsten sah die Wunde in der Schulter aus. Fassungslos schüttelten sie die Köpfe. „Wer war ihr Gegner?“, fragten die Ordensheiler leise. „Vermutlich der Bruder des Oberleutnants“, antwortete Elyedriel ebenso leise. Die Druidin atmete tief durch und ließ sich am Kopfende nieder. Sie strich Avalora ein paar Strähnen aus dem Gesicht. Dann überprüfte sie die Atmung der Verletzten. „Sie atmet ganz schwach“, berichtete sie und überprüfte dann den Herzschlag. „Und auch ihr Herz schlägt schwach. Wir dürfen keine Zeit verlieren, sonst verlieren wir den Fähnrich.“ „Was schlagt Ihr vor, Schwester?“, fragte einer der Heiler. „Wir verbinden unsere Kräfte. Nur so können wir sie retten“, antwortete Elyedriel. „Ich werde sie miteinander verweben und sie in ihren Körper leiten.“ Die anderen Heiler nickten. „Stellt Euch um sie herum auf“, wies Elyedriel an. Sofort nahmen die anderen Heiler um das Lager herum Aufstellung. „Streckt Eure Hände aus“, fuhr Elyedriel fort und legte ihre eigenen Hände um Avaloras Kopf. Die Heiler des Ordens nickten erneut und hielten dann ihre Hände über den Körper von Avalora. „Beginnt“, wies Elyedriel an, schloss ihre Augen und öffnete ihre Sinne. Sie fühlte, wie sich die Kräfte der anderen Heiler durch Gebete und Anrufung der Natur aufbauten. Jeder der Heiler hier hatte eine eigene Signatur, die Elyedriel klar spüren konnte. Sie fing die Energien ein und verwob sie miteinander. Es war mühselig und anstrengend, doch anders konnten sie Avaloras Leben nicht retten. Immer wieder horchte Elyedriel in Avalora hinein. Kämpfe, Avalora, kämpfe, dachte Elyedriel. Schließlich waren die Energien der anderen Heiler miteinander verwoben. Erst jetzt rief Elyedriel die Kräfte der Natur an und verwob ihre eigenen Energien mit dem bestehenden Geflecht. Dann leitete sie sie behutsam und langsam in Avaloras Körper. Sie sondierte diesen. Falls es irgendwo versteckte Blutungen gab, spürte sie sie auf diese Weise auf und stillte sie. Was nutzte eine Behandlung, wenn die Patientin unter ihren Händen innerlich verblutete? Die schwerste Verletzung hatte Vorrang vor allen anderen. Also leitete Elyedriel die heilenden Kräfte in die Schulter. Auch hier stillte sie die Blutungen. Mithilfe der Kräfte der Natur reinigte sie sie, so dass Entzündungsherde gar nicht erst würden entstehen können. Dann machte sie sich daran, beschädigte Gefäße und beschädigtes Gewebe wieder zusammenzusetzen. Dabei ging sie von innen nach außen vor. Das erforderte ihre vollste Konzentration. Rasch schob Elyedriel die Gedanken beiseite und konzentrierte sich wieder auf ihre Arbeit. Schließlich war diese Wunde behandelt, und Elyedriel leitete die heilenden Kräfte weiter zu der nächsten Wunde. Erneut wurden die Blutung gestillt und beschädigte Gefäße sowie beschädigtes Gewebe zusammengesetzt. So ging es immer weiter, bis schließlich alle Wunden behandelt waren. Bei vielen hatte Elyedriel jedoch nur die körpereigenen Selbstheilungskräfte angeregt. Elyedriel überprüfte noch einmal Atmung und Herzschlag von Avalora. Sorgenfalten erschienen auf ihrer Stirn. Der kritische Zustand war noch nicht überwunden. „Wir müssen sie stabilisieren“, sagte sie heiser vor Anstrengung zu den anderen Heilern. Sofort gingen diese darauf ein und veränderten ihre Gebete und Anrufungen dementsprechend. Erneut fing Elyedriel die einzelnen Energien ein und verwob sie miteinander. Zuletzt fügte sie noch ihre eigene hinzu und leitete den Strom dann behutsam in Avaloras Körper. Schließlich öffnete Elyedriel ihre Augen und sah zu Avalora. Diese atmete nun deutlich sichtbarer und ruhiger. Doch sie war immer noch so schrecklich blass. Elyedriel legte erneut eine Hand auf Avaloras Kopf und fühlte in sie hinein. Erleichtert atmete sie aus und sah die anderen Heiler an. „Sie ist momentan stabil und schläft“, berichtete sie dann schwer atmend. „Elune sei Dank“, kam es von den anderen Heilern. Einer eilte davon und kehrte mit einem Tablett Bechern, die mit Quellwasser gefüllt waren, wieder. Auch eine Kleinigkeit zu essen befand sich auf dem Tablett. Elyedriel nahm die Stärkung dankbar entgegen. Der Becher Wasser wurde in einem Zug geleert und die Kleinigkeit hungrig verspeist. Danach ging es Elyedriel deutlich besser. „Wir sollten sie dennoch im Auge behalten. Sie hat sehr viel Blut verloren“, sagte sie dann und erhob sich. „Ich werde dem Oberleutnant und seiner Familie Bericht erstatten.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, ging sie hinaus. Kategorie:Geschichten Kategorie:Orden der Dalanari
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