abstract
| - Der Titel dieser Seite enthält bereits eine Aussage zu der Frage, was denn eigentlich die per Internetabfrage erlangten Ergebnisse mit der Fragestellung "Problem Kriminalität" aussagen können. Ganz sicher geben sie nicht das objektive Ausmaß der Kriminalität in den Städten wieder. Es ist eben unwahrscheinlich, dass Straftäter ihre Delikte im Internet veröffentlichen und diskutieren - wenngleich dieses auch nicht völlig ausgeschlossen werden kann (es sei nur an die Begebenheiten zum Thema Kannibalismus erinnert). Es kommt auch gerade auf Grund spezieller Täterpersönlichkeiten (z. B. Hochstapler) gehäuft vor, dass diese sich mit ihrer Täterrolle soweit identifizieren, dass sie die Schranke zur Wirklichkeit aufheben. Es bleibt jedoch trotz dieser Besonderheiten die Vermutung eines nur geringen Zusammenhangs mit realen Delikten bestehen. Andererseits ist der Zusammenhang mit der Berichterstattung über Kriminalität und deren Diskussion aus den Ergebnissen der Suchabfragen von mir überschläglich ermittelt worden, so dass mir die näherungsweise Gleichsetzung der hier dargestellten Ergebnisse unter dem Begriff "Kriminalitätsfurcht"gerechtfertigt erscheint. Eine weitere Rechtfertigung ergibt sich auch aus der Fragestellung selbst: Täter neigen in der Regel dazu, ihr Tun zu rechtfertigen und dieses Tun eben nicht als Problem darzustellen, wie es ja die Fragestellung voraussetzt. Genug der Vorrede. Die für Bayern fast komplett vorliegenden Daten forderten wegen ihres Umfangs und ihrer statistischen Signifikanz dazu auf, sie in die aktuelle politische und sozialwissenschaftliche Diskussion über eine Verräumlichung der Kriminalität (z. B. No-go-Area) einzubringen, wo sie eventuell auch einem Fachpublikum nützlich sein können. "Sicherheit und Unsicherheit in den Städten sind in den vergangenen Jahren zunehmend (wieder) zu einem Thema der öffentlichen Auseinandersetzung geworden. Dabei wird die Diskussion dominiert durch eine Regionalisierung von Kriminalität und Unsicherheit, d. h. bestimmte Stadtviertel, Straßenzüge oder Plätze werden als kriminelle oder unsichere Räume konstituiert..." (Georg Glasze, Robert Pütz und Manfred Rolfes in: "Diskurs - Stadt - Kriminalität", transcript-Verlag, Bielefeld 2005). Praktische Ansätze dieser neuen Politik sind in Form von Überwachungskameras in öffentlichen Räumen, Zugangskontrollen zu Gebäuden und in der Verlagerung von Sicherheitszuständigkeiten auf die kommunale Ebene zu sehen. Theoretisch unterfüttert sind diese Ansätze u. a. durch die aus den USA stammende Broken-Windows-Theorie und die übergreifenden Tendenzen des Neoliberalismus und Neokonservativismus. Auf Grund der ländlichen Struktur Bayerns und der wenigen eingelagerten Großstädte bot es sich an, gerade hier die Entwicklung von Kriminalitätsfurcht sozusagen im Stadium ihrer Entstehung darzustellen. Wenn nämlich Kriminalität eine Hervorbringung der modernen Großstädte und Verdichtungsräume ist - wie es von interessierten Kreisen gerne unterstellt wird-, dann müssen für bayrische Städte verschiedener Größenklassen deutliche Unterschiede in der Furcht vor Kriminalität festzustellen sein. In der nachfolgenden Karte ist die räumliche Verteilung der Kriminalitätsfurcht in den bayrischen Orten ab 5.000 Einwohnern dargestellt. Die Darstellung basiert auf den Ergebnissen der in diesem Projekt vorgenommenen Internet-Abfragen, wie sie unter Datenerhebung dargestellt ist. Die Klassierung der Orte erfolgte nach deren Einwohnerzahlen in die Klassen
* 5 - 10-tsd EW (= kleine kreise)
* 10 - 20-tsd EW (= Quadrate)
* 20 - 50-tsd EW (= Dreiecke)
* 50 - 100-tsd EW (= große Kreise)
* über 100-tsd EW (=unregelmäßige Formen) Die Orte wurden hierbei qualitativ in Quartile eingeteilt, d. h. die Ausprägung der Kriminalitätsfurcht wurde in den drei Graden schwach (innerhalb der unteren Hälfte des Wertebereichs = gelb), mittel (im 3. Viertel des Wertebereichs = grün) und hoch (im oberen Viertel des Wertebereichs = rot) vorgenommen. Ein Blick auf die Karte läßt eindeutige Schwerpunkte der Kriminalitätsfurcht erkennen. Es sind dies Bereiche südöstlich von Nürnberg im Übergang zur Fränkischen Alb, der Kreis Rosenheim in Oberbayern und die in Nachbarschaft zueinander stehenden Teile der Kreise Rottal-Inn und Passau. Darüber hinaus sind bandartige Häufungen entlang den Grenzen - sowohl der Nachbarstaaten wie auch der benachbarten Bundesländer - zu erkennen. Zusätzlich finden sich Überlappungen aus beiden Figurationen, wie z. B. in den Kreisen Rosenheim, Rottal-Inn und Passau. Eine ähnliche Situation ist im Allgäu festzustellen. Dem gegenüber stehen große Gebiete ausgesprochen geringer Kriminalitätsfurcht, wie es sich in einem breiten Band zeigt, welches sich südöstlich von Landshut über Ingolstadt bis in den Raum südlich von Nürnberg erstreckt. Es lag nun nahe, nach Merkmalen zu suchen, die für die genannten Regionen prägnant erscheinen könnten und einen Anhaltspunkt zur Erklärung der räumlichen Unterschiede bieten. Dies kann sinnvoll nur an Hand einer Vorauswahl korrelierender Kriterien erfolgen. Es wurden daher aus den erhobenen Problemkriterien 5 Kriterien herausgefiltert, die statistisch einen engen Zusammenhang mit der Kriminalitätsfurcht signalisieren. Es sind dies Arbeitslosigkeit, Armut, Ausländer, Gleichberechtigung und Offenheit. Die statistischen Korrelationen sind in Form von Trendkurven dargestellt (siehe:Korrelationen der Kriminalitätsfurcht in bayrischen Städten). Es zeigten sich große Übereinstimmungen in den Trends, die unabhängig von der Einwohnergröße der Städte verlaufen und nur von den oben genannten und unterstellten verursachenden oder treibenden Faktoren abhängig sind. In einem nächsten Schritt wurde die räumliche Übereinstimmung dieser Zusammenhänge überprüft, indem das obere Quartil der Kriminalitätsfurcht in Beziehung zu den örtlich entsprechenden Quartilen der fünf Kriterien in Beziehung gesetzt wurde. In einer Punktwertung, worin der Quartilrang dem Punktwert entsprach (also Quartil 2 = 2 Punkte, Quartil 3 = 3 Punkte usw.) und maximal 20 Punkte erreicht werden konnten, wurde ermittelt, wie hoch die räumliche Übereinstimmung ist. Das Ergebnis ist in der folgenden Karte dargestellt. Es stehen gelbe Punkte für eine nur schwache Übereinstimmung, rote Punkte für eine starke Übereinstimmung. In dieser Auswahl der Städte mit einer relativ stark ausgeprägten Kriminalitätsfurcht bestätigt sich der bereits im Gesamtbild ablesbare Eindruck bestimmter Schwerpunkträume rund um die Stadt Rosenheim und südlich / östlich der Stadt Nürnberg wie auch in den Grenzregionen. K K Kategorie:Atlas Kategorie:Kriminalität
|