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| - Lange Zeit habe ich überlegt: Was macht mir noch Angst? Habe ich überhaupt noch Angst? Kenne ich noch das Gefühl, dass jemand mich verfolgt? Jemand mir was antun will? Etwas unter meinem Bett ist oder sonstiges? Dieses Gefühl, das sich in deinem Kopf ausbreitet, das dich Furcht empfinden lässt? Schon in unserer Kindheit werden wir durch das TV und das Internet „abgestumpft“. Als kleines Kind wird einem beigebracht, dass alle Tiere super freundlich sind und gar nicht gefährlich. Das nimmt uns schon mal die Angst vor Tieren wie z.B. Bären oder Löwen. Oder kennt nicht jeder das Klischee mit den Monstern im Schrank oder unter dem Bett? Das beste Beispiel hierfür ist „Der König der Löwen“. Kindern wird hier gezeigt, das Löwen mit anderen Tieren, welche in der Natur eigentlich Beute wären, Freundschaften schließen. Dadurch, dass alle Tiere sprechen, sind uns die Löwen doch gleich sympathisch, oder? Kein Kind würde auf die Idee kommen, dass diese Tiere gefährlich sein könnten. Oder was ist mit „Monster AG“? Diese freundlichen Monster im Schrank, die Kinder zum Lachen bringen? Kein Kind hätte Angst vor einem Monster, mit dem man Spaß haben kann, lachen kann, spielen kann. In unserer Jugend sieht das auch nicht mehr anders aus. Man trifft sich mit Freunden, schaut jegliche Arten von Horrorfilmen und stumpft dadurch noch mehr ab. Die ganzen Mutproben, wie zum Beispiel über den Friedhof ohne Licht laufen, oder ein paar Stunden alleine im Wald verbringen, das ist schon lange nicht mehr angsteinflößend. Der Reiz, was sich hinter einer dunklen Ecke verbergen könnte, ist weg. Man hat keine Angst mehr. Jeder kann sich Filme im Internet anschauen. Ich denke da an Videoplattformen wie z.B. YouTube, welche allerhand gewaltverherrlichenden Filme zu bieten haben. Bei YouTube kann man zum Beispiel Filme wie „Faces of Death“ anschauen, unzensiert und teilweise sogar ohne Altersbeschränkung. Faces of Death ähnelt Faces of Gore, in beiden Filmen kann man unzensiert Unfallopfer, Selbstmörder und so weiter sehen. Man sieht reale, tote Menschen. Man kann die Wunden sehen, das Blut, den Verwesungsgrad. Und doch sitzen einige Menschen vor dem PC und essen nebenbei genüsslich zu Mittag. Je älter wir werden, umso mehr stumpfen wir ab. Nun nicht mehr nur durch Filme oder das Internet. Selbst im Job oder im Freundeskreis passieren Ereignisse, welche uns früher einmal in Angst und Schrecken versetzt hätten. Damals hätte man Panik und Schweißausbrüche bekommen, wenn sich ein Freund das Bein gebrochen oder sich mit der Kettensäge ins Bein geschnitten hätte. Heute wird erstmal das Smartphone rausgeholt, und der Leidende wird gefilmt. Mittlerweile denke ich, das uns kaum noch was Angst macht. Vielleicht hat man ab und an ein mulmiges Gefühl, aber das vergeht schnell. Mit voranschreitendem Alter wird uns immer mehr die Chance genommen, das Gefühl von Angst zu empfinden. Ein Gefühl, welches von Beginn dazu diente, zu leben. Hätten z.B. die Höhlenmenschen keine Angst gehabt, wären wir heute vielleicht nicht mehr als Spezies auf diesem Planeten vertreten. Ein Gefühl, welches existentiell für uns ist. Was macht uns also noch Angst? Mir macht es Angst, wenn ich daran denke, dass es immer mehr Menschen gibt, die keine Angst mehr empfinden. Keine Angst vor dem Tod, keine Angst vor dem Leben, keine Angst vor Konsequenzen, keine Angst mehr, vor Nichts. Wird der Mensch einfach furchtlos? Haben wir verlernt, wie es ist, Angst zu haben? Ist es nicht genau dass, was uns allen Angst machen sollte?
* Autorin: Sisaria
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