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Senkatendonoj
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Die Senkatendonoj - Zwischenjahrstage in Quassim auf Karnicon Die Ssakat, die Zeit „dazwischen,“ werden in Qassim als die „Senkatendonoj“ gefeiert, was frei übersetzt in etwa so viel wie „Freitage “ bedeutet. In dieser Zeit gelten besondere Gesetze, oder vielleicht genauer eine besondere, durch Tradition und Brauchtum wohlgeordnete Form der Gesetzesfreiheit und Anarchie. So sind in dieser Zeit die meisten Hierarchien weitestgehend aufgehoben, die Stadtverwaltung wird allein vom Marktmeister geleitet und vertreten, der Rat und seine Vorsitzenden gelten in dieser Zeit als vorübergehend abgesetzt, allein die Stadtwache muß weiter nahezu normalen Dienst leisten, um Übergriffe zu verhindern.
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Die Senkatendonoj - Zwischenjahrstage in Quassim auf Karnicon Die Ssakat, die Zeit „dazwischen,“ werden in Qassim als die „Senkatendonoj“ gefeiert, was frei übersetzt in etwa so viel wie „Freitage “ bedeutet. In dieser Zeit gelten besondere Gesetze, oder vielleicht genauer eine besondere, durch Tradition und Brauchtum wohlgeordnete Form der Gesetzesfreiheit und Anarchie. So sind in dieser Zeit die meisten Hierarchien weitestgehend aufgehoben, die Stadtverwaltung wird allein vom Marktmeister geleitet und vertreten, der Rat und seine Vorsitzenden gelten in dieser Zeit als vorübergehend abgesetzt, allein die Stadtwache muß weiter nahezu normalen Dienst leisten, um Übergriffe zu verhindern. Sogar die Sklaven sind in dieser Zeit von einigen ihrer normalen Pflichten befreit: Jeder Sklave hat das Recht, sich während der Senkatendonoj einen vollen Tag frei zu nehmen, und auch in ihrer durch das Qassimer Sklavenstatut bestimmten zwangsarbeitsfreien Zeit sind sie vom Weisungsrecht ihres Domo darüber befreit, wo und wie sie sie verbringen. Zudem ist ausdrücklich untersagt, während der Ssakat Sklaven für Arbeiten außerhalb des Hauses einzusetzen. Wie schon berichtet, findet über die Ssakat auch jedes Jahr die Große Stadtmesse statt: In den Gebäuden der Stadtmesse, der Zunfthalle und der Stadtwaage werden die zuvor als die besten ausgewählten Erzeugnisse der Stadt präsentiert; auf dem Hauptmarkt stehen zwischen diesen Gebäuden große Zelte, um die Marktbesucher vor den Unbilden der Witterung zu schützen; in diesen sind ein Drittel der Stände für auswärtige Kaufleute reserviert, ein Drittel für die städtischen Handwerkszünfte, der Rest für die einheimischen Handelshäuser. Am Rande der Stadtmesse finden auch ein Sklaven– und ein Gesindemarkt auf dem Leder– beziehungsweise dem Alten Fisch­markt statt. Doch steht diese wichtige Messe weder im Zentrum meines heutigen Berichts noch in dem der Ssakat–Festivitäten. Diese haben nach Auskunft einheimischer Geschichtsgelehrter eine weit ältere Tradition als die Große Stadtmesse, auch wenn sie sich im Laufe der Zeit mehrfach gewandelt haben. Es heißt sogar, die Stadtmesse sei aus dem zum Fest gehörenden Senkatendonoj–Jahrmarkt entstanden, der heute aber nur noch untergeordnete Bedeutung hat. Der erste Tag der Senkatendonoj verläuft noch recht ruhig, er ist vor allem den letzten Festvorbereitungen gewidmet. Die meisten Bürger pflegen an diesem Tag erst gegen Mittag ihr Bett zu verlassen; sie bezeichnen diesen Brauch als „Vorschlafen “. Von diesem Brauch trägt dieser erste Tag den Namen „Antaudormono “. Am späten Abend folgt der erste Festakt: Der Rat dankt zugunsten des vom Festkomitee ernannten Sentyrannen ab und übergibt diesem als Insignien die „Schlüssel der Stadt “ (eine Halskette aus übergroßen goldenen Schlüsseln) und eine „Krone “ (einen mit bunten Federn geschmückten Hut). Während dieser sich unter Trommelklang den Hut selbst aufsetzt, legt er die Schlüsselkette dem Marktmeister um und ernennt ihn so zu seinem Administratoren. Letzteres wurde wohl eingeführt, damit die Abwicklung der Großen Stadtmesse möglichst wenig durch die Festivitäten beeinträchtigt werde. In den Morgenstunden des zweiten Festtags folgen dann die Cemisglonkoj–Umzüge: Bereits einige Stunden vor Sonnenaufgang ziehen Pfeiffer und Trommler in kleinen Gruppen lautstark durch die verschiedenen Stadtteile. Darauf strömen die Bürger in ihren Nachtgewändern aus dem Haus (die meisten sind darunter allerdings, wie ich erfahren habe, warm gekleidet) und schließen sich dem Zug an. Viele bringen selbst Musik– oder Lärminstrumente mit und stimmen mehr oder weniger gekonnt mit ein. Wenn der Morgen graut, enden die Umzüge an Festzelten – meist alte, ausgemusterte Messezelte – oder splitten sich in die verschiedenen Tavernen des jeweiligen Viertels auf. Erst gegen Mittag kehrt allmählich Ruhe ein, wenn sich die meisten Bürger zur Siesta zurückziehen. Den Nachmittag nutzen viele Familien zu einem gemeinsamen Spaziergang durch die Zelte und Gebäude der Großen Stadtmesse, die an diesem Tag für alle geöffnet sind – für die Aussteller ist dieser Tag allerdings wenig lukrativ, nur die Straßenhändler und Gaukler machen gute Kasse. Am dritten Tag, dem Lardono, riecht die ganze Stadt nach heißem Fett, denn die traditionelle Hauptspeise an diesem Tag ist Schmalzgebäck, oft gefüllt mit süssem Syrup oder ähnlichem, manchmal aber auch mit kleinen Zetteln voller hintersinniger Botschaften. Bürger, die sich um die Mittagszeit begegnen, tauschen frisches Schmalzgebäck aus, oder, wenn sie solches nicht mehr bei sich haben, müssen sie gemeinsam den nächsten Straßenhändler aufsuchen, die an diesem Tag an jeder Ecke mit ihren zischenden Schmalzkesseln stehen und Gebäck verkaufen. Gelegentlich kommt es bei einem solchen Tausch übrigens auch vor, daß man im erhaltenen Schmalzkringel auf einen Knopf, eine Münze oder gar auf Senf beißt, denn traditionell wird jeder dreizehnte Kringel mit solchen Scherzartikeln gefüllt, manche gutartige Geschenke, die meisten aber eher unangenehm. Der Abend ist ganz der Verehrung Orphals gewidmet, und die wenigsten Bürger fallen vor dem nächsten Morgen in ihr eigenes Bett – viele nicht einmal dann. Entsprechend spät beginnt der vierte Tag, der Fulgono. An diesem Tag herrscht der Brauch, daß jeder nur einmal gegrüßt werden darf. Daher trägt jeder ein Stück Holzkohle oder ähnliches bei sich, um die bereits Gegrüßten entsprechend im Gesicht zu kennzeichnen, und die unverheirateten jungen Frauen färben ihre Lippen mit einer Mischung aus Fett, Henna und Ruß, da sie an diesem Tage alle bisher ungegrüßten Männer, denen sie begegnen, mit einem Kuß grüßen. Jedoch darf an diesem Tage kein Mann eine Frau küssen, sonst wird er sofort von den Umstehenden ergriffen und in den nächsten Brunnen getaucht; die Frauen dürfen aber jeden nach Herzenslust in der Öffentlichkeit küssen, und kein Mann darf sich vor dem dritten Kuss dagegen wehren. Die Noteroj, bei denen die wenigsten Menschen Männlein und Weiblein allein an der Körperform unterscheiden können, haben besonders viel Spaß an diesem Brauch, so viel, daß gelegentlich schon gefordert wurde, diese von diesem Brauch auszuschließen, was aber wohl niemals durchgesetzt werden kann. Der fünfte und sechste Tag tragen denselben Namen; es sind dies die Mezenkatendonoj. Sie sind dem Moranao gewidmet. Am fünften Tag findet der Große Festumzug vom Hafen bis zur Oberstadt und wieder zurück auf den Platz vor dem Hafentor statt, wobei die Stadtmesse auf dem Hauptmarkt einmal umkreist wird. Jeder Stadtteil und jede Zunft stellen eine oder zwei Festzugsgruppen mit wunderbar geschmückten Festwagen und einer eigenen Musik– oder Trommlergruppe, von denen einige bekannte Märsche oder Tänze, andere aber einfach drauf losspielen. Auch viele eher schräge Töne und mitreißende, schnelle Trommelrhytmen sind zu hören. Nachmittags finden dann verschiedene Wettkämpfe statt; einige Stadtviertel treten alljählich im Pferderennen gegeneinander an, andere beteiligen sich an Ruder– und Segelregatten in der Qassimer Bucht (soweit das Wetter mitspielt, doch ist dies meist der Fall. Die Qassimoj behaupten, daß Dondra und Talfur ja selbst mitfeiern und deshalb darauf achten, daß nichts den Ablauf stört). Für die Kinder gibt es Sport– und Geschicklichkeitswettkämpfe, die Sieger erhalten wertvolle Preise, die von allen Häusern, die auf sich halten, freigebig gestiftet werden. Doch auch die anderen Teilnehmer gehen nicht leer aus, jedes Kind erhält wenigstens ein Gebäck oder eine Bratwurst. Dabei dürfen auch Kinder von Nichtbürgern teilnehmen. Eine beliebte Anekdote lautet, einst habe eines der Hohen Häuser als Höchstpreis einen Sklaven ausgelobt, im Vertrauen darauf, daß der als Favorit geltende jüngste Sohn des Hauses den Sieg davontragen würde. Doch stattdessen gewann der Sohn dieses Sklaven den Wettbewerb und gab seinem Vater die Freiheit wieder. Auch der sechste Tag beginnt mit einem Umzug, doch einem schlichteren: Beginnend beim Kastell der Oberstadt sammeln Musikkapellen die Teilnehmer der Schützenwettbewerbe ein, die auf dem Übungsplatz am Kriegshafen abgehalten werden. Dort finden immer zwei Wettbewerbe gleichzeitig statt: Morgens die Jugendwettbewerbe für Jungmänner und Jungfrauen zwischen 12 und 17 Jahren, mittags Bogen– und Armbrustschiessen für die Bürger und Bürgerinnen zwischen 17 und 60 Jahren, und abends die Seniorenwettbewerbe. Die jeweiligen Sieger werden wie Helden gefeiert und unter Trommelklang zurück in die Stadt zum Hauptmarkt getragen; doch ist dies ein teures Vergnügen, denn neben einigen, wenn auch wertvollen Sachpreisen wird dem Sieger nur die erste Runde bei der Siegesfeier bezahlt, die anderen gehen auf seine Rechnung. Auch der siebte Tag, der Qaodono, ist dem Moranao geweiht, doch ist es an diesem Tage Brauch, alle Götter zu ehren. Vormittags bis hinein in den Nachmittag werden an allen Schreinen und in allen Tempeln der Stadt und der näheren Umgebung öffentliche Kultfeiern durchgeführt; der Drachenbund führt um die Mittagszeit einen Prozessionszug zwischen den Schreinen des Charab–Etajo, des Jarab–Nao, des Areanaj–Charab und den wichtigsten anderen Zunft–Gebetsschreinen durch. Danach finden verstreut in der ganzen Zeit viele kleine Privatfeiern statt; am Abend werden im Hafen Orphal–Feiern und im Hexadom die Erwartungsfeier zur Vorbereitung des Hochfestes der Ischqa Alisa abgehalten. Am achten Tag feiert die Stadt sich selbst und ihre Geschichte; in allen Stadtteilen führen Theatervereine Stücke auf, die Legenden aus der Stadtgeschichte wiedergeben, doch auch professionelle Theatergruppen finden ihr Publikum, soweit sie Stücke mit Bezug zu Qassim im Programm haben. Und die vielen Theaterhäuser in der Stadt haben an diesem Tag wenigstens drei Vorstellungen, in aller Regel nahezu ausverkauft – häufig allerdings mit Farcen und Satiren, die die Ereignisse des Vorjahres aufs Korn nehmen. Dasselbe Thema haben auch die vielen Bänkelsängergruppen, meist phantasievoll verkleidete Bürger, die des Abends durch die Tavernen ziehen und Spottlieder und –gedichte auf die Führer der Stadt, auf die Vorsteher der Hohen Häuser, aber auch auf die Nachbarn, Freunde und Feinde der Stadt zum Besten geben. Am Vormittag des Orphal und Moranao gleichermaßen gewidmeten neunten Tags, des Saltonos, findet wieder ein Umzug statt, doch gänzlich anderer Art als die bisherigen. Er ist wild, ungestüm, laut und scheinbar ungeordnet; manchesmal scheint er die bisherigen Umzüge in übertrieben lächerlicher Form zu parodieren, mal scheint es ein ungeordneter Zug betrunkener Dämonen zu sein. Die meisten Teilnehmer sind kostümiert und maskiert, manche in freundlichen, lachenden Masken, doch weit mehr in wilden, schrecklich anzusehenden Kostümen. Wild sind auch die Musikgruppen, die alle spontan durcheinander zu improvisieren scheinen, abgesehen von einigen Trommler– und Fanfarenzügen. Heraus kommt ein mitreißender Rhythmus, zu dem Zugteilnehmer und Zuschauer tanzen und hüpfen. Für den oberflächlichen Beobachter unbemerkt bleiben die Wettbewerbe und Spiele unter den Zugteilnehmern: An bestimmten Stellen versuchen Fahnenschwinger unter dem Jubel ihrer jeweiligen Anhänger ihre Fahnen so hoch wie möglich zu werfen, gemessen an den Fenstern der umliegenden Häuser und Türme; an anderen Stellen geht es darum, welche Teilnehmergruppe die weitesten Sprünge vorführt; andere Gruppen wetteifern darin, die Zuschauer durch ihre akrobatischen Einlagen zu entzücken, und wieder andere sammeln Zuschauerhüte oder junge Mädchen als Trophäen zwischen zwei Wegstellen; bei Erreichen der entsprechenden Stelle werden sie wieder freigegeben. Nach dem Zug machen die brechend vollen Tavernen wieder einmal hervorragende Geschäfte, Am späteren Nachmittag läßt der Trubel etwas nach, doch am Abend füllen sich die Straßen wieder, und wie am Tag zuvor sind nochmals Bänkelsänger unterwegs. Spontan finden sich Musiker, gemeinsam in Tavernen aufzuspielen und sich von den Gästen eine Runde spendieren zu lassen; in der nächsten Taverne spielen sie vielleicht schon wieder mit ganz anderen Partnern zusammen. Der zehnte Tag, der vorletzte der Senkatendonoj, ist dann sehr ruhig und ganz dem Geschehen auf der Großen Stadtmesse gewidmet; die meisten Feiernden des Vortags schaffen es ohnehin nicht vor Mittag, ihr Bett zu verlassen. Auch am elften Tag, dem Gegodono, steht die Stadtmesse im Mittelpunkt, doch gegen Abend wird ein letztes Mal gefeiert. In großen Feuern werden die Hinterlassenschaften des alten Jahres symbolisch verbrannt, dem folgen Trauerreden über das Ende der Senkatendonoj, verbunden mit der Verbrennung einzelner der am Saltono benutzten Masken und Kostüme. Am Schluß der Feier aber erschallt der Ruf: „Auf zu den nächsten Senkatendonoj! Sgot d‘gego! “ und damit beginnt für die Qassimoj das Neue Jahr – wiederum ein Anlaß zu feiern. * Myra-Fundort: Bote von Karnicon 55/17-23