. "\u201EAhhhhh!\u201C. Dieser Schrei zerriss die Stille, die sich um das kleine Haus im Wald festgesetzt hatte und lie\u00DF eine Handvoll friedfertiger V\u00F6gel und ein Kaninchen auf Futtersuche erschrocken auffahren. \u201EHiiaaaarhh!\u201C. Die Frau, die diesen Laut der Qual und Pein ausgesto\u00DFen hatte, wand sich auf ihrem Bett. Sie wusste, dass sie niemand h\u00F6ren w\u00FCrde, nicht hier drau\u00DFen. Deshalb wusste sie auch, dass sie so laut schreien konnte, wie sie wollte. Und sie wollte sehr laut schreien. \u201EHhraaaaghhhh!\u201C. An der Frau war nichts au\u00DFergew\u00F6hnliches. Sie war 39, sah auch so aus, hatte schulterlange, kastanienbraune Haare, war etwa 1,85 Meter gro\u00DF. Nun, h\u00E4tte sie jemand gesehen, w\u00E4re ihm sicher nicht aufgefallen, dass die Frau anfing, Speckr\u00F6llchen in der Bauchgegend zu bekommen. Schlie\u00DFlich war sie schwanger. Genau genommen, gebar sie gerade \u201EHAAAARRRRGHHH!\u201C. Das Bettlaken f\u00E4rbte sich scharlachrot, als sie presste, presste und schrie. Ihr K\u00F6rper b\u00E4umte sich auf, gesch\u00FCttelt vom Schmerz, der sich von ihrer geschwollenen Bauchgegend ausbreitete, auf der einen Seite die Wirbels\u00E4ule hoch, bis in den Nacken, der sich eisern verkrampfte, auf der anderen Seite hinunter in den Schritt, der langsam, z\u00E4h wie Leder, sich zu weiten begann. \u201EHaaahh... komm... ko... KOMM SCHON!!!\u201C, br\u00FCllte sie, sah dabei an sich herunter. Eine Geburt alleine und ohne irgendeine Form des Beistandes zu \u00FCberstehen, kann ein sehr, sehr qualvolles Unterfangen sein. Nach einiger Zeit, ausgef\u00FCllt von weiterer Verf\u00E4rbung der Bettw\u00E4sche, die die Frau sicher w\u00FCrde entsorgen m\u00FCssen, und den beinahe animalischen Schreien, die nur die Tiere h\u00F6rten, war es soweit. \u201EHerzlichen Gl\u00FCckwunsch\u201C, h\u00F6rte die Frau einen Arzt in ihren Gedanken rufen: \u201EEs ist ein M\u00E4dchen. So, und nun das zweite.\u201C. Das Zweite!? Ach ja, es waren Zwillinge. Ein M\u00E4dchen und ein Junge, der genau acht schreiende Minuten nach seiner Schwester geboren wurde. Die Frau lehnte sich zur\u00FCck, auf das vom Schwei\u00DF nasse Kissen im Bett. Ihr Atem ging schwer und rau. Sie hatte ihre Stimmb\u00E4nder zu sehr beansprucht. Sie w\u00FCrde noch tagelang heiser sein. Nach wenigen Minuten blickte sie an sich hinab. Ihr K\u00F6rper, v\u00F6llig entbl\u00F6\u00DFt und bedeckt mit getrocknetem Schwei\u00DF und kleinen Blutspritzern, und dahinter... vor ihr... Sie sah D\u00E4monen. D\u00E4monen in der Form von kleinen, unschuldig aussehenden Kindern. Sie wanden sich auf dem roten Laken und schrien, wie es normale Kinder tun, aber die Frau mit den braunen Haaren wusste es besser. Sie sah in die Seele der Kleinen, und sie sah Schw\u00E4rze. Und schnell wurde ihr klar: Die Bettw\u00E4sche w\u00E4re nicht das einzige, was sie heute noch w\u00FCrde entsorgen m\u00FCssen. Elisabet strauchelte, als sie versuchte, sich aufzurichten. Ihr armer R\u00FCcken knackte, w\u00E4hrend ihre Knie alles gaben, um nicht erneut einzuknicken. Einen Moment lang sah es schlecht aus, aber dann griff ihr ein junger, starker Arm unter den ihren und hielt sie aufrecht: \u201EAlles in Ordnung?\u201C, fragte der Junge, wohl kaum \u00E4lter als 20, als sie wieder alleine stehen konnte: \u201EEs tut mir wirklich leid, ich hab nicht aufgepasst.\u201C. Elisabet nickte: \u201ENichts passiert, Junger Mann. Das Alter bringt nur zu oft Nachteile mit sich.\u201C. Sie l\u00E4chelte ihn an und \u00FCberlegte, ob sie darauf bestehen sollte, dass sie ihn angerempelt hatte, und nicht umgekehrt, lie\u00DF es dann jedoch bleiben. Stattdessen versicherte sie dem Jungen, dass mit ihr alles in Ordnung war, nahm ihren Koffer wieder auf und lief weiter. \u201EWas f\u00FCr ein netter junger Mann\u201C, dachte sie bei sich, \u201Eso etwas sieht man heutzutage viel zu selten. Er hat mir sogar aufgeholfen...\u201C. So in Gedanken versunken, trippelte Elisabet durch den Bahnhof und bemerkte die Frau mit den braunen Haaren und dem gro\u00DFen, offenbar schweren Koffer erst, als sie in sie hineinrannte. Elisabet gab einen Laut des Erstaunens von sich, als sie, bereits zum zweiten Mal an diesem Tag, zu Boden fiel und froh war, dass sie trotz ihres Alters noch recht stabile Knochen hatte. Die andere Frau, scheinbar Anfang Vierzig, war ebenfalls hingefallen und hatte dabei ihren Koffer fallengelassen. Er war aufgesprungen, aber was sich darin befand, konnte Elisabet nicht erkennen. Beide rappelten sich auf, und Elisabet setzte zu einer Entschuldigung an, aber zu ihrem Erstaunen schien die Frau sie v\u00F6llig zu ignorieren. Sie sah sich nur mit gehetztem Blick um und st\u00FCrzte dann auf ihren Koffer wie von der Tarantel gestochen. Und nun, wo sie aufrecht stand, erkannte Elisabet auch den Grund. Sie konnte nur kurz erkennen, was sich im Koffer befand, aber nach insgesamt f\u00FCnf Fehlgeburten in ihrem \u00FCber Achtzig Jahre w\u00E4hrenden Leben, wusste sie, wie Kinderleichen aussehen. Und in diesem Koffer, mittlerweile wieder verschlossen und in der Hand der Frau, die sich schon wortlos auf den Weg gemacht hatte, lagen genau zwei davon, scheinbar in eine Plastikfolie gewickelt oder in Plastikt\u00FCten verstaut. \u201ENa so was.\u201C, war alles, was sie dazu herausbrachte, und das auch nur gehaucht. Sie blickte dieser Frau nach, deren braune Haare sie in der recht lichten Menge wie ein Wegweiser verfolgen konnte. Und dann ging sie ihr nach. Jeff grinste in sich hinein, als er das Bahnhofsgel\u00E4nde verlie\u00DF, in der Hand seine heutige Beute. Diese alte Frau war so naiv und so unglaublich einfach zu beklauen gewesen, das es schon fast lachhaft war. Er warf die Brieftasche, die er ihr abgenommen hatte, in die Luft und fing sie mit einer Hand wieder auf. Den Inhalt hatte er bereits \u00FCberpr\u00FCft: knapp 100 Euro in Bar, eine Mitgliedskarte f\u00FCr den Schachklub und ein Foto ihres Mannes, so vermutete er. Alt genug sah er jedenfalls aus. Mit dreckigem Lachen setzte er seinen Weg fort, blo\u00DF weg von hier, bevor sie den Verlust bemerkte. Elisabet war jedoch noch weit davon entfernt, es zu bemerken. Sie war der Frau mit den Koffer-Leichen gefolgt und beobachtet, wie sie den Koffer in ein Schlie\u00DFfach gestellt hatte. Sie musste es zuvor angemietet haben, denn sie besa\u00DF den Magnetschl\u00FCssel und war auch ziemlich zielstrebig auf ebendieses Schlie\u00DFfach zugegangen. Nun, nachdem sie ihren Koffer darin verstaut hatte, war sie fortgegangen, jedoch nicht zum Ausgang des Bahnhofs, wie Elisabet feststellte. Auch egal. Sie musste handeln. Niemand, der nichts im Schilde f\u00FChrt, l\u00E4uft mit zwei toten Kindern im Handgep\u00E4ck herum. Sie merkte sich die Nummer des Schlie\u00DFfaches (319) und machte sich dann auf den Weg zur Rezeption. Dort, so war sie sich sicher, w\u00FCrde es auch einen Sicherheitsbeamten geben, der sich die Sache mal ansehen k\u00F6nnte. Jeff griff in seine Hosentasche und schob mit seinen Fingern Kleingeld, etwas Dreck und zwei alte Kaugummis, noch immer in der Verpackung, hin und her, bis er endlich seinen Haust\u00FCrschl\u00FCssel herausangeln konnte. \u201EErneut ein erfolgreicher Tag.\u201C, murmelte er gut gelaunt, als er die T\u00FCr \u00F6ffnete. Er ging ins Haus, schloss die T\u00FCr und wollte gerade einen Schritt ins Wohnzimmer machen, als er etwas sah. Etwas, das ihn wie gel\u00E4hmt dastehen lie\u00DF. \u201EW\u00FCrden Sie Ihre Aussage bitte wiederholen?\u201C, forderte der Beamte Elisabet ungl\u00E4ubig auf, und sie, sicherlich so genervt wie er, kam dem nach: \u201EWie bereits erw\u00E4hnt, habe ich diese Frau angerempelt, ganz aus Versehen, und dabei hat sie ihren Koffer fallen gelassen. Er ist aufgesprungen, und sie hat sich panisch umgesehen. Und bevor sie den Koffer wieder verschlie\u00DFen konnte, habe ich erkannt, dass darin die Leichen von zwei Neugeborenen lagen, in Plastik eingewickelt. Ich bin ihr gefolgt und habe gesehen, dass sie den Koffer in ein Schlie\u00DFfach mit der Nummer 319 gelegt hat.\u201C. Der Beamte, ein bequemer Mann, der seinen Job jedoch nichtsdestoweniger ernst nahm, kratzte sich am Ohr, ein Zeichen daf\u00FCr, dass er nachdachte. Es war nur m\u00F6glich, ein Schlie\u00DFfach zu \u00F6ffnen, wenn man einen dringenden Verdacht hatte, zum Beispiel Drogen, Waffen, oder eben Leichen. Andererseits konnte er nicht behaupten, dass er diese Frau wirklich ernst nahm. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass eine Frau mit zwei Leichen einfach so in den Bahnhof hineinspazieren w\u00FCrde, um die toten K\u00F6rper dann hier zu deponieren. Aber wenn man es so betrachtete... Eine solche Tat war so hirnrissig, dass eine Frau um die Achtzig sie sich einfach nicht ausdenken k\u00F6nnte, was unweigerlich zu dem Schluss f\u00FChrte, dass sie wahr war. \u201EIn Ordnung\u201C, seufzte er: \u201EIch sehe mir das mal an. Und Sie kommen mit.\u201C. Elisabet war einverstanden, und so machten die beiden sich gemeinsam auf den Weg zum Schlie\u00DFfach. Die Frau mit den braunen Haaren hatte erleichtert aufgeatmet, als sie das Fach geschlossen hatte. Der ganze Tag war ziemlich stressig gewesen. Erst die Geburt, nur um dann herauszufinden, dass sie neun Monate lang die Saat des Teufels in sich getragen hatte. Dann hatte sie die Kinder nat\u00FCrlich ermorden m\u00FCssen, und sie dann in eine Plastikfolie eingewickelt und in den Koffer gesteckt. Sie hatte keine Ahnung, wie sie auf die Idee gekommen war, die Leichen in einem Schlie\u00DFfach des Bahnhofs zu verstecken, aber eigentlich war die Herkunft dieser Idee auch egal, solange sie nur funktionierte. Sie blickte auf. Ein Wachbeamter lief mit energischen Schritten durch die G\u00E4nge, und hinter ihm... Nein, das durfte doch nicht wahr sein! Die Frau, diese alte Schachtel, die sie vorhin angerempelt hatte. Das konnte nur eines bedeuten: Sie hatte gesehen, was sie in ihrem Koffer hatte. Sie hatte die Leichen gesehen. Die Frau mit den braunen Haaren versteifte sich und lief den beiden, selbstverst\u00E4ndlich in gemessenem Abstand, nach. Sie erreichten das Schlie\u00DFfach schnell, und der Beamte schloss es, scheinbar mit einem General-Magnetschl\u00FCssel, auf. Die Frau mit den braunen Haaren n\u00E4herte sich langsam, unauff\u00E4llig, und sah geschockt zu, wie die alte Dame nickend auf den Koffer deutete. Der Wachmann holte ihn heraus, stellte ihn auf den Boden und \u00F6ffnete ihn. Seine Reaktion bekam sie gar nicht mehr mit. Von ihrer Position aus konnte sie den Inhalt des Koffers gut sehen, und niemand w\u00E4re so erschrocken wie sie, angesichts dessen, was sie sah. Abgesehen von einer zerrissenen Plastikfolie war der Koffer vollkommen leer. Jeff blinzelte. Das konnte doch nicht wahr sein. Das bildete er sich doch sicher nur ein... \u201EWas zur H\u00F6lle...?\u201C, entfuhr es ihm, und seine Beine gaben unter ihm nach. Er viel zu Boden, lag beinahe flach, und war somit nun Auge in Auge mit den beiden Wesen, die sich in seinem Wohnzimmer befanden. Zwei Kinder, so schien es, klein und d\u00FCnn, wie... wie Neugeborene, schoss es Jeff durch den Kopf. Aber das konnte nicht sein. Es ist absolut unm\u00F6glich, dass Neugeborene laufen k\u00F6nnen, dass sie sich Zugang zu seiner Wohnung verschaffen k\u00F6nnen... Dass sie ihm solche Angst einjagen k\u00F6nnen. Woher kam diese Angst? Das war irrational, es waren doch nur zwei Kinder... Ja, aber zwei Kinder mit schwarzen Augen. Jeff zitterte am ganzen Leib, als die beiden auf ihn zutrippelten, mit kleinen, ungelenken, aber nichtsdestotrotz bedrohlich wirkenden Schritten. Er konnte sich nicht bewegen, als sie sich neben ihm postierten, eines, das M\u00E4dchen, wie ihm auffiel, links von ihm, der Junge rechts. Jeff brachte zuerst keinen Ton heraus, aber als sie sich hinunterbeugten, um ihr grausiges Handwerk zu beginnen, blieb ihm nichts anderes \u00FCbrig, als vor Qual zu schreien."@de . . "Die Plastikfolie"@de . . "\u201EAhhhhh!\u201C. Dieser Schrei zerriss die Stille, die sich um das kleine Haus im Wald festgesetzt hatte und lie\u00DF eine Handvoll friedfertiger V\u00F6gel und ein Kaninchen auf Futtersuche erschrocken auffahren. \u201EHiiaaaarhh!\u201C. Die Frau, die diesen Laut der Qual und Pein ausgesto\u00DFen hatte, wand sich auf ihrem Bett. Sie wusste, dass sie niemand h\u00F6ren w\u00FCrde, nicht hier drau\u00DFen. Deshalb wusste sie auch, dass sie so laut schreien konnte, wie sie wollte. Und sie wollte sehr laut schreien. \u201EHhraaaaghhhh!\u201C. Genau genommen, gebar sie gerade \u201EHAAAARRRRGHHH!\u201C. Und dann ging sie ihr nach."@de . . . . .